Der 13. August 1961 – Schicksalstag für Deutschland
Eine Nachbetrachtung
Dieser Tag war für Deutschland, insbesondere für die DDR, ein grausamer Tag. Daran gibt es nichts zu deuteln. Es gehört heute leider in der Medienlandschaft zum „guten“ Ton, ausschließlich Ulbricht und die DDR dafür verantwortlich zu machen. So schlimm diese Entscheidung insbesondere für die DDR-Bevölkerung auch war – man kann jedoch den Fakt nicht nur für sich allein betrachten, sondern muss auch die dazu führenden Hintergründe beleuchten. Der Kalte Krieg gegen die Sowjetunion (SU) begann am Ende des heißen Krieges. Churchill wollte 100.000 internierte Wehrmachtssoldaten reaktivieren und am 1. Juli 1945 gegen die SU ziehen. General L. D. Clay gab am 10. April 1948 nach Washington durch: „Wenn Berlin fällt, folgt Westdeutschland als nächstes. Wenn wir beabsichtigen, Europa gegen den Kommunismus zu halten, dürfen wir uns nicht von der Stelle rühren.“ Truman wollte, koste, was es wolle, unbedingt den Fuß auf Europa setzen und Deutschland für sich vereinnahmen. Auf dieser Basis wurden die Abkommen von Jalta und Potsdam insbesondere von den USA zum Nachteil der SU systematisch unterlaufen (Siehe auch Konferenz der westlichen Außenminister Anfang Juni 1948 in London!). Der Knackpunkt war die separate Währungsreform 1948 in den Westzonen hinter dem Rücken der SU. Damit war die Aufkündigung einer zukünftigen Einheit Deutschlands vollzogen. Die Reaktion der SU ist bekannt, sie führte zur Luftbrücke nach West-Berlin mit Hilfe der „Rosinenbomber“. Mit dem Marshallplan päppelten die USA die Westzonen und Westberlin auf, was die SU in ihrer Besatzungszone nicht leisten konnte. Sowohl politisch-ideologische Gründe als auch bessere Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in der BRD, eine entsprechende Propaganda von der westlichen Seite, weiterhin (erklärbare) ökonomische Gründe und in deren Folge die nicht ausreichende Versorgungslage und der damit verbundene wesentlich niedrigere Lebensstandard der DDR-Bevölkerung im Vergleich zur BRD (auch dafür gibt es harte Gründe, die nicht von der DDR verschuldet waren) führten in den Folgejahren zu einer verstärkten Fluchtbewegung in den Westen, die DDR drohte auszubluten. Die sich dann 1961 sowohl in der Deutschland- als auch Berlin-Frage zwischen den USA und der SU zuspitzende Krise führte fast zu einem möglichen Atomkrieg, der den USA hätte 70 Millionen Tote kosten können (von der SU existiert keine Zahl). Davor schreckte Kennedy zurück, auch Chruschtschow war an keinem Krieg interessiert. Daraufhin schloss die SU mit Wissen und Einverständnis der USA die Grenze in Berlin. Das war ein Befehl an Ulbricht und nicht seine Entscheidung. Kennedy: „Chruschtschow sieht sich einer unerträglichen Lage gegenüber. Die DDR blutet sich zu Tode, und als Folge ist der ganze Ostblock in Gefahr. Er muss etwas unternehmen, um das aufzuhalten. Vielleicht eine Mauer. … Keine sehr schöne Lösung, aber tausendmal besser als Krieg.“ Die DDR und ihre (geteilte) Hauptstadt waren letztlich ein Spielball der Systemauseinandersetzung zwischen Ost und West, und sie hatte dabei selbst kein Entscheidungsrecht. Insofern sollte man den historischen Tatsachen ins Auge sehen und für den 13. August 1961, so schlimm er auch war, nicht Ulbricht, der Partei und der DDR die alleinige Schuld zuweisen. Wenn auch erst 16 Jahre nach Kriegsende – dieser Tag war letztlich auch ein Ergebnis des Zweiter Weltkrieges und vor allem der Politik der Alliierten.
Wolfgang Mengel, Stralsund