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Hitler ein Volksheld?

War Hitler ein Volksheld oder wird er jetzt einer und wer wird dann zum „Schurken“? Keine Angst, ich habe nicht den Verstand verloren. Mir fiel es schon schwer, diese rhetorische Frage als Stilmittel zu nutzen. Ich glaube aber, sie ist provokant genug, um auszudrücken, welches Ungemach mich überkommt, wenn ich mich mit den deutschen Medien beschäftige. Gemeint sind die Medien, die mir jetzt als Qualitätsmedien präsentiert werden. Eine Rahmung, die Gutes verspricht, es aber nicht unbedingt sein muss. Ich habe den Eindruck, dass sich Berichte über Weltkriege häufen. Ständig erfahre ich von Problemen der U-Bootkriege, Luftschlachten und die Leiden des Hitler. Manchmal habe ich den Eindruck, ich soll das alles auswendig lernen. Mit dem Ende des Warschauer Vertrages ist ja den NATO-Staaten, sozusagen über Nacht, der Feind abhandengekommen. Das muss für die hochgerüsteten NATO-Armeen schlimmer gewesen sein, als eine Kriegserklärung. Vielleicht sollten sie in alle Medien Suchanzeigen nach einem neuen Feind schalten. Na gut, man hat sich auch ohne meinen Rat zu helfen gewusst. Russland weigert sich immer noch hartnäckig, sich Westeuropa und den USA zu unterwerfen. Für Deutschland ist das sehr bequem, denn die Erfahrungen mit ihrem gewohnten Feindbild können gut genutzt werden. Deutsches Militär steht inzwischen wieder bereit an der russischen Grenze. Die NATO-Manöver in russischer Grenznähe lassen nicht den Verdacht aufkommen, dass diese Aktionen eine friedliche Koexistenz einleiten sollen. Der „Deutsche Michel“ scheint wirklich zu glauben, Geschichte ignorieren zu können. Nordkorea war auch schon immer „Böse“ und China bietet sich förmlich als Bösewicht an. Chinas zunehmender politische Stabilität und seiner für uns kaum vorstellbare Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung hat man in Deutschland noch nichts anderes entgegenzusetzen, als Ängste unter der Bevölkerung zu schüren. Immer wieder die „Gelbe Gefahr“ an die Wand malen. Ein bisschen mehr Weitsicht in Politik und Wirtschaft könnte immer noch verhindern, dass Europa und besonders Deutschland international abgehängt werden. Länder wie Russland, China, der ganze asiatische Raum und zunehmend Afrika brauchen schon lange keine Bevormundung mehr. Gemeinsam, zum gegenseitigen Vorteil, dass sollte Richtschnur unseres Handelns sein. Und wir sollten auch überlegen, ob Präsident Trump mit seinen sehr speziellen Wirtschaftskriegen wirklich ein Freund ist. Ich glaube einen unzuverlässigeren Partner findet man auf der ganzen Welt nicht. Russische Wirtschaftsbeziehungen habe sich da schon eher als zuverlässig und stabil erwiesen. Wenn wir das nicht schnell begreifen, steht uns ein Paradigmenwechsel bevor, bei dem wir nur noch als Zuschauer am Rand des Geschehens zusehen können. Mit Kriegen lassen sich europäische Probleme nicht lösen, aber mit unserer wirtschaftlichen Stärke und unserem wissenschaftlich-technischen Know-how. Dazu gehört auch, dass wir uns von Tramp nicht eine erfolgversprechende Wirtschaftsstrategie verbieten lassen. Abschließend vielleicht noch ein Gedanke zur Corona-Kriese. Hilfe und Solidarität ist genau das Richtige. Europa müsste sich aber nicht so stark verschulden, wenn man diese unsinnige Hochrüstung beenden könnte. Wir dürfen unser Geld nicht zur Vernichtung der Welt einsetzen, nutzen wir es für deren Erhalt, um das Leben lebenswert zu gestalten, nicht nur für uns. Ganz nebenbei wäre das auch ein lohnendes Betätigungsfeld für die Qualitätsmedien. Jürgen Barz, Wismar 21.06.2020

Jürgen Barz, 23968 Wismar, 24.06.2020

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