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Verschwinden »Undine«-Reste im Schrott?

Der jetzige Liegeplatz der »Undine« an der Holz-Pier des Rostocker Fischereihafen wird vermutlich ihr allerletzter, denn der Schrottplatz liegt hier in unmittelbarer Nähe. Es erinnert alles an das Geschehen mit der ehemaligen »Vorwärts« – dem ersten Handelsschiff der DSR – das hier in den Wirren der politischen Wende – und auch in aller Stille ihren letzten Liegeplatz fand, unbemerkt von der Öffentlichkeit, und hier auch ofenfein zerlegt wurde. Viele Rostocker hatten auf der »Vorwärts« als Jungpioniere die erste Begegnung mit dem »Maritimen« – und wählten ihren späteren Beruf dementsprechend. Aber noch vielmehr Generationen von Rostockern hatten im Verlaufe der Jahrzehnte Berührung mit der »Undine« – die einst als »Kronprinz« in Dienst gestellt wurde und mit einigen kriegsbedingten Zwangsunterbrechungen – Dank des Warnemünders Paul Hahn als »Undine« friedliche Ausflüge als Kaffeefahrten mit »Kind und Kegel« entlang der Küste oder zum Gedser-Feuerschiff – einlud. Bis 1962 sollen 15 Millionen Passagiere die beliebten Ausflugsfahrten von Rostock-Kabutzenhof hinaus auf die Ostsee gebucht haben. Aber von 1962 bis 1989 war dann der Seeraum – aus politischen Erwägungen der Staats- und Parteiführung der DDR – für die »Undine« gesperrt. Der Schiffskörper der »Undine« landete 1993 nach einer Grundberührung im Barther Bodden im Rostocker Stadthafen und wartete zehn Jahre auf eine Entscheidung zu ihrem Schicksal von Seiten Rostocker Entscheidungsträger. Es gab in diesen Jahren eine traurige Wette, »Wer wohl schneller das Schicksal der »Rest-Undine« besiegelt, städtische Entscheidungsträger oder der Rost?«. Jedenfalls gab es aus dem Rathaus dann schon öfters neue, manchmal aber entsetzliche Nutzungsideen, zum Beispiel den Schiffskörper der altehrwürdigen »Undine« zu zerschneiden und als unkenntliches Schiffsteil als Kulturbühne zu gestalten. Dabei handelt es sich um einen Teil, der Rostocker »Maritimen Geschichte und Teil des Maritimen Erbes«. Noch immer und schon seit Jahren ungeklärt: der endgültige Verbleib des Schiffskörpers, wo das Heckteil nach Vorschlag eines bisher geheimen Gremiums zur Rundbank in der Öffentlichkeit werden könnte, sozusagen als gemütlicher Fleck. Es handelt sich ja um ein maritimes Kleinod aus Rostocker Geschichte, denn das erneuerte Namensschild »Undine«, wird es zeigen. Ehemalige DSR-Seeleute des Vereins Seeleute Rostock e. V. bezeichnen den Umgang mit dem Schiffsdenkmal für die Hafenstadt als unwürdig, wo es nicht einmal an Land Platz für die Präsentation des »Schiffsveterans« und seiner wechselvollen Geschichte geben soll. Wie maritim ist Rostock eigentlich?

Stephan Bohnsack, Rostock, 29.02.2024

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