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Mann der Arbeit aufgewacht

Die Stornierung entsprechender Vergünstigungen in der Landwirtschaft durch die Ampelkoalition hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Die Bauern haben mit harten Protesten reagiert und die Regierung sah sich gezwungen einzulenken. Da das nur ein Kompromiss war/ist, bleiben die Bauern hart. Auch wenn das unliebsame Folgen auf andere Bereiche hat, so sind doch die Landwirte zu verstehen, dass sie mit halben Sachen nicht zufrieden sind. Der Löwe lässt nach einem zaghaften Biss seine Beute auch nicht wieder laufen. Wenn die Demonstrationsfreiheit ein grundgesetzliches Recht ist – wo steht geschrieben, dass ich damit nur drohen darf? Wenn sie, die Demonstrationsfreiheit, nicht zur Durchsetzung meiner Rechte und Interessen genutzt werden darf, braucht sie auch nicht im GG zu stehen. Da sind die Schweizer mit ihrer direkten Demokratie wesentlich besser dran. Aber die hat man uns wohlweislich versagt. Also werden die Bauern hart bleiben, bis der Ausgangszustand wiederhergestellt ist. Und „Trittbrettfahrer“ zu verunglimpfen, in diesem Sog ihre Ziele mit verwirklichen zu wollen, geht zu weit. Oder das Vorkommnis mit BWM Habeck. Ein Angriff auf die zivile Person Habeck, das geht nicht. Aber ist die Regierung nach wie vor so ignorant, dass sie die tiefe Verzweiflung und Unzufriedenheit der Bevölkerung einfach nicht sieht oder gar sehen will? Im 19. Jahrhundert (1863) entstand in der Arbeiterschaft der Text: „Mann der Arbeit aufgewacht und erkenne deine Macht. Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will!“ Momentan haben wir eine solche Situation, dass die Bundesregierung in allen Bereichen, ob in Politik, Finanzen, Wirtschaft, Gesundheit, Bildung (siehe Pisa), Verkehr und vor allem Außenpolitik (Deutschland hat wesentlichen Anteil am Entstehen des Ukraine-Krieges, das hat selbst Frau Merkel zugegeben), eine äußerst miese Arbeit leistet, die neben der dadurch verursachten Inflation, die wie immer nur die Letzten und Kleinen trifft, absolut nicht zur Zufriedenheit in der Bevölkerung beiträgt. Nicht zu verstehen ist in diesem Zusammenhang die Reaktion einer Reihe von Journalisten (zum Beispiel „heute“- oder „Tagesschau“-Sprecher), die in Interviews ob des Teilerfolgs der Bauern fragen, ob die Regierung nicht zu „weich“ reagiert hätte? Nochmals: Wenn jetzt die Bundesregierung ob ihrer Reaktion kritisiert wird, wozu gibt es dann das Demonstrationsrecht überhaupt? Ebenso abgehoben reagieren alle Regierungen und etablierten Parteien über den Zulauf der Wähler zur AfD, ohne zu fragen, ob die Ursache dafür nicht bei ihnen selbst liegt? Wo bleibt ein ehrliches Hinterfragen der eigenen Politik? Das könnte Achtung bei den Wählern auslösen. Wenn man nicht die AfD wählen will, welche andere Partei bleibt dann überhaupt noch wählbar? Da kann man nur hoffen, dass die beiden neu angekündigten Parteien (Wagenknecht und Maaßen) einen Ausweg anbieten. Mein Sohn sagte mir in diesem Zusammenhang, dass er uns als Ältere mit einem (Wahl-)Schritt zur AfD verstehen könnte, meinte aber, ob wir dabei an unsere Enkel gedacht hätten? Da musste ich ihm wiederum Recht geben. Bei einer derart verfahrenen Situation kann man nur auf o. g. Ausspruch hoffen und mit einem Generalstreik die Bundesregierung zum Rücktritt zwingen. Aber auch da ist der föderative Charakter des Staates wieder ein Hemmschuh. Es gäbe nur einen Weg: Alle Benachteiligten müssten sich auf einen einheitlichen Termin einigen, dann wäre ein Erfolg im Bereich des Möglichen.

Wolfgang Mengel, Stralsund, 07.01.2024

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