Leserbriefe lesen

Geht es noch tiefer?

Die neueste Pisa-Studie ist betr. Deutschland alarmierend. Vor 20 Jahren wurde schon Mittelmaß bescheinigt – und was ist seit 2000 passiert? Nichts! Auch wenn man jetzt die Kommentare liest, heißt es immer: Man muss, man müsse, wir müssen, jetzt müssten u.s.w. … und wo bleibt das Tun? Machen ist angesagt! Es ist äußerst blamabel, wenn im (ehemaligen) Land der Dichter und Denker Basiskompetenzen, wie (verstehendes) Lesen, Schreiben, Zuhören und Mathematik indiskutabel schlecht sind. Meine Frau hat erlebt, wie in der Berufsausbildung eine Schülerin fragte: „Können Sie mir sagen, was „ein Drittel“ ist? Das beginnt ja schon in der KITA, wo bundesweit 430.000 Fachkräfte fehlen. Der Betreuungsschlüssel stimmt nicht, und die Betreuung fällt u.a. wegen Streiks aus. An den Schulen ist es auch nicht anders, ganz abgesehen von den auch hier fehlenden Lehrkräften. Dass das alles u.a. mit Corona begründet wird, ist ein Hinweis, dass an den eigentlichen Problemen nicht gearbeitet wurde/wird. Da frage ich mich, was eigentlich die Kultusministerkonferenz (KMK) auf dieser Strecke bisher getan hat? Unter Corona litten auch viele andere Staaten. Das Bildungssystem in der DDR (abgesehen von der unheilvollen ideologischen Überfrachtung, deren Weglassen auch mir übel angekreidet wurde) war hervorragend. Es gab einen zentralen Lehrplan, und ein Umzug von Sassnitz nach Suhl machte in keiner Klassenstufe Schwierigkeiten. Unsere Kinder haben keine Konzentration. Die Umwelteinflüsse, vor allem auch durch die sozialen Medien, drücken alles andere, wie Fleiß, Ausdauer und Strebsamkeit nieder. Sie beschäftigen sich nur noch mit dem Handy, Spielkonsolen und anderen Dingen dieses Bereichs. Da bleibt z.B. das Lesen von Büchern völlig auf der Strecke. Und in der Schule? Da ein Projekt, dort ein anderes Projekt, zum Schuljahresbeginn erst mal eine Klassenfahrt – wo bleibt da stetes Lernen? Zu DDR-Zeiten gab es Olympiaden im Sprach- und naturwissenschaftlichen Bereich, gibt es das heute noch? Und dass das auf Kosten der einzelnen Bundesländer geht, ist auch kein Geheimnis. 16 verschiedene Schulgesetze, Lehrpläne, Gehaltsmechanismen u.s.w., da ist es kein Wunder, dass sich Lehrkräfte an den Bundesländern mit den höchsten Gehältern orientieren. Und wenn man sich dann noch gegenseitig Abiture nicht anerkennt, da hört eigentlich alles auf. Der Föderalismus in Deutschland ist meiner Meinung nach das Ungeeignetste für die Bildung. Es ist absolut nicht zu verstehen, dass Milliardensummen in die eigene Rüstung und andere „hilfsbedürftige“ Länder fließen, aber in die eigene Bildung wird kaum etwas investiert. Die Kinder sind unsere Zukunft! Was wird das für eine Zukunft für Deutschland? Oder sollte man gar annehmen, dass hinter der völlig an die Wand gefahrenen Kiste System steckt? So nach dem Motto: „Je dümmer das Volk, desto leichter lässt es sich manipulieren?“ Eltern, die bis über den Kopf in Arbeit stecken, wie sollen sie sich noch um die Lernarbeit ihrer Kinder kümmern? Und die gut gemeinte Integration der Migrantenkinder ist meiner Ansicht nach auch ein Stolperstein: Die Lehrer müssen sich bemühen, aufgrund fehlender deutscher Sprachkenntnisse diesen Kindern den Stoff wortreich zu erklären, während unsere Kinder nicht regulär unterrichtet werden können. Bund und Länder sind dringend angehalten, hier schnellstens Veränderungen herbeizuführen. Kein „wir müssen“, sondern handeln. Aber was die KMK auch macht, ist es letztlich vielleicht auch hier wie bei Corona, dass jedes Land sein eigenes Süppchen kocht und dabei nicht merkt, dass es abgrundtief ungenießbar ist? Den Lernenden ist allseitig beizubringen, dass ohne Forderungen an sich selbst Träume und/oder Ziele nicht zu erreichen sind. Es wird Zeit, dass Deutschland auch wieder in den Kreis der hochgebildeten Nationen zurückfindet. Nur zur Einordnung: Ich bin 80 und habe bis zum 70. Lebensjahr noch an einer Berufsschule unterrichtet.

Wolfgang Mengel, Stralsund, 08.12.2023

Hier können Sie Ihre Leserbriefe online aufgeben

Bitte beachten Sie, dass wir uns das Recht vorbehalten, im Falle des Abdruckens in der Zeitung, Textpassagen zu kürzen oder nachträglich zu ändern.