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Wer ist wertvoller

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel und der Verschleppung von Zivilisten gibt es kaum einen anständigen Menschen, der nicht emotional mitempfindet. Es ist der überwiegende Anteil unserer Bürger, die inständig die Rückkehr der Verschleppten in den Schoß der Familie wünschen. In der Zwischenzeit wird auf allen Kanälen ununterbrochen über das menschliche Drama, über das Schicksal der verschleppten Israelis berichtet. Was in dieser Zeit weltweiter politischer Krisen leider zur gängigen Praxis von Politikern und Medienleuten gehört, ist das einseitige und unwiderrufliche Festhalten an einer politisch verordneten Doktrin. Diese Einstellung schließt Verhandlungen zum Beenden von Kriegshandlungen von vornherein aus und erschwert oder verhindert diplomatische, bilaterale bzw. multilaterale Beziehungen. Nur dadurch ist es erklärbar, dass zwar das unsägliche Leid der Israelis immer wieder thematisiert wird und das Leiden der Palästinenser in den Hintergrund gerät. Wenn es um das Leben und die Gesundheit der Zivilbevölkerung in Krisengebieten geht, können wir, nein, dürfen wir aus humanitären Gründen nicht unser Mitgefühl für die Qualen Unschuldiger oder von der vermeintlichen Schuld oder Unschuld abhängig machen. Die unsäglichen Leiden der palästinischen Zivilbevölkerung mit dem Tod unzähliger Kinder und Frauen, mit dem Zerstören ihrer Lebensgrundlagen, ihren Wohnhäusern und der Infrastruktur wie nach einem Atomkrieg, mit Hunger und Durst unschuldiger Menschen scheint bei unseren modernen Humanisten und Moralisten mit klarer politischer Haltung weniger Emotionen zu wecken, als durch die Verbrechen der Hamas verursachte Leiden von Juden, von Israelis. Gerade in Anbetracht der entstandenen multipolaren Welt, des Klimawandels und der damit sich verschärfenden politischen und ökonomischen Auseinandersetzungen zwischen den Völkern, den Religionen, den politischen und wirtschaftlichen Blöcken wie EU, BRIGS-Staaten usw. sollte endlich den politischen Scharfmachern Einhalt geboten werden. Ein Lichtblick ist das Eintreten unserer Außenministerin Annalena Baerbock. Sie hat wirklich ihr belehrendes und undiplomatische Auftreten einmal ablegt und engagiert sich für eine Zweistaatenlösung im Nahen Osten.

Manfred Gütschow, Roggentin, 28.11.2023

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