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Politikertreffen

Es geschah vor kurzem bei einem der üblichen von Krisen überschatteten Politikertreffen. Auf dem roten Teppich erschien unsere forsche, in makelloses Weiß gewandete Außenministerin. Wer sich noch an seine DDR-Schulzeit erinnerte, dem fiel sofort das Lied von der kleinen weißen Friedenstaube ein, andere, etwas mehr bibeltreu Erzogene, erkannten wohl eher den Erzengel Gabriel beim Überbringen der frohen Botschaft. Diese Bilder zerstoben natürlich sofort, als sie zu einem ihrer von Freund und Feind be- und gefürchteten Statements ansetzte. Es ist mittlerweile reichlich abwegig, irgendeinen Zusammenhang von Friedensbotschaften und deutschen Politikern zu erkennen. Dabei ist es gar nicht lange her, da war Deutschland bei der Bewältigung von Konflikten ein gefragter Vermittler. Mit der Einführung einer »wertegeleiteten« Außenpolitik hat sich das völlig verändert und für schlichte Gemüter enorm vereinfacht. Wer unsere Werte teilt, das sind die Guten, und die anderen sind eben die Bösen. Falls wir uns bei der Zuordnung nicht ganz sicher sind, helfen unsere ziemlich besten Freunde gern aus. Da mit dieser Methode kein Friede erreicht werden kann, muss man sich nolens volens auf Schlimmeres vorbereiten, neuerdings sogar »kriegstüchtig« werden. Für alle, die dank ihrer späten Geburt Illusionen über einen Krieg haben sollten, zwei Zitate von Menschen, die wussten, wovon sie redeten: »Im nächsten Krieg werden die Überlebenden die Toten beneiden.« (Chruschtschow) Albert Einstein war etwas weitsichtiger: »Der übernächste Krieg wird nur noch mit Pfeil und Bogen entschieden.« Falls es aus den Annalen einer eigentlich stolzen Partei gestrichen wurde: Am 2. Dezember 1914 stimmt im Reichstag ein einziger Abgeordneter gegen die Bewilligung einer zweiten Kriegsanleihe, Dieser mutige Mann hieß Karl Liebknecht (SPD).

Rainer Sabisch, Boizenburg, 21.11.2023

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