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Über das Stadtarchiv Stralsund

Kürzlich lud die Seniorenakademie 55 Plus Stralsund den derzeitigen Direktor des Stadtarchivs Dr. Dirk Schleinert, der das Amt seit 2014 bekleidet, ein, um etwas über diese Einrichtung Stralsunds zu erfahren. Ein Archiv ist, kurz gesagt, ein Wissens- und Informationsspeicher, der uns hilft, Historie aufzuarbeiten. Vorläufer des Archivs waren die Urkundendepots des Stralsunder Rates, der Kirchen und Handwerksämter, die im 15. und 16 Jh. im Ratsarchiv vereinigt wurden. Seit 1795 hatte ein Syndikus die Aufgabe, eine umfassende Ordnung einzuführen. Ab 1868 erfolgte die Neuordnung des Ratsarchivs durch Ferdinand Fabricius. 1896 zog die Bibliothek in die Badenstraße 13 um, und 1920 folgte das Stadtarchiv. 1937 wurde die Stadtbibliothek getrennt, ihren älteren Teil wies man dem Stadtarchiv zu. 1952 übernahm Herbert Ewe dessen wissenschaftliche Leitung. Er initiierte 1964 den Ausbau des Johannisklosters zur Außenstelle des Stadtarchivs, dem auch 2001 die Bestände in der Badenstraße zugeordnet wurden. Da sich das Johanniskloster jedoch auf die Dauer dafür nicht eignete (u.a. z.B. der Schimmelbefall eines Teilbestandes) befindet sich das Archiv seit 2018 in einem Zentraldepot im Norden der Stadt. Das Archiv gehört zu den größten seiner Art in Deutschland und ist vor allem für die Erforschung der Geschichte der Hanse und Pommerns interessant. Die Stadtbücher Stralsunds sind seit 1270 lückenlos vorhanden, ebenso die Bürgerbücher seit 1319. Besonders wichtige Dokumente sind die beiden Stadtrechtsverleihungsurkunden von 1234 und 1240, die beiden Urkunden zum Stralsunder Frieden von 1370, die älteste Stadtchronik aus dem 15. Jh. und der Allianzvertrag mit Schweden von 1628, der uns fast 200 Jahre zu „Südschweden“ werden ließ. 2004 wurde im Archiv die älteste papierne Urkunde Dänemarks entdeckt. Rund 6.000 Urkunden und Testamente, Aktenmaterial von ca. 2.500 laufenden Metern und etwa 1.200 Handschriften runden das Bild der wechselvollen Geschichte Stralsunds und der Region ab. Die Archivbibliothek beinhaltet über 125.000 Bände. Dr. Schleinert hat einem voll aufmerksamen und sehr dankbaren Publikum (61 Personen) diese nicht so leicht überschaubare Geschichte sehr interessant dargebracht. Und es war herauszuhören, dass Archiv- und Bibliothekswissenschaft keine staubtrockenen Arbeitsfelder sind.

Wolfgang Mengel, Stralsund, 03.10.2023

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