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Trotzige und bockige Geschwisterkinder

Aus weiter Ferne sehe ich Weißrussland, Ukraine und Russland. Sie kommen mir wie drei kleine trotzige und bockige Geschwisterkinder vor, denen fürsorgliche Eltern fehlen. Statt sich an die vielen Gemeinsamkeiten ihrer Ahnen in den vergangenen tausend Jahren zu erinnern, führen sie einen Krieg auf Leben und Tod. Es gab gute und schlechte Zeiten im Miteinander in der Vergangenheit. In Kultur, Wissenschaften, Bildung und Verteidigung gibt es viele Beispiele. In Zeiten, in denen sie gemeinsam handelten, waren sie immer stark. Sie vertrieben gemeinsam 1612 polnische Soldaten aus Moskau, sie jagten 1812 gemeinsam und mit europäischen Verbündeten Napoleons Heerscharen zurück bis Paris und sie ließen 1941 auch Hitlers Wehrmacht nicht nach Moskau und kämpften bis zu seinem Freitod im besiegten Berlin. Ist das alles vergessen? Sowohl in Weißrussland als auch in der Ukraine und in Russland leben Menschen, deren Vorfahren aus einem der beiden anderen Länder kommen. Und das nicht in geringer Zahl. Müssen zwei der drei Geschwisterkinder gegeneinander auf Leben und Tod kämpfen. Warum lässt sich das eine Geschwisterkind von einem großen Raufbold unserer Zeit und seinen Vasallen immer wieder aufhetzen? Warum bekommt es mannigfaltiges Kriegsgerät bis die Arsenale mit den alten Waffenbeständen aufgebraucht sind. Ukraine und Russland, besinnt euch auf eure gemeinsamen Vorfahren, besinnt euch auf die Zeiten, in denen ihr gemeinsam stark wart. Hört nicht auf den großen Raufbold und den ihm hörigen Ländern. Verhandelt ohne Bedingungen ruhig und sachlich auf gleicher Ebene. Gemeinsam seid ihr stärker als euer Verführer. Ihr drei Geschwisterkinder habt gemeinsam das materielle Potenzial und die geistigen Voraussetzungen, in Frieden und Freundschaft zu leben. Ein loser Staatenbund wäre der Anfang und vielleicht könnte einmal daraus ein Staat werden. Bis jetzt wurden bereits Gräber für tausende Kriegstote geschaufelt. Eine Ausweitung des Krieges könnte zur Vernichtung allen Lebens auf dieser Erde führen. Wem nützt es?

Winfried Schwarzer, Rostock, 04.09.2023

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