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Kleingartenentwicklungskonzept für Rostock

Ich wollte das Thema schon als „überfällig“ reklamieren, (denn die Abstimmung dazu durch die  Bürgerschaft rückt ja immer näher) , da tauchte es plötzlich in Form einer Pressemitteilung am 6. Juli 2023 auf der Homepage des Rostocker Rathauses  auf. Unter der Überschrift „Grüne Welle – Rostock nimmt mit Kleingärten eine Vorreiterrolle in Deutschland ein“ versucht die Senatorin für Infrastruktur, Umwelt und Bau  der Bevölkerung und  besonders den Kleingärtnern  das Konzept nahe zu bringen, Inhalte, Hintergründe und Zusammenhänge zu erläutern und um das Verständnis der Bürger zu werben. Auch ein  Kurz- und Informationsfilm soll die  breite Öffentlichkeit anschaulich darüber informieren, wie  das Konzept „Grüne Welle – Stadtgarten Rostock“  wirkt. In den vergangenen Monaten hatte es viele Diskussionen gegeben, weil  Kleingärtner verunsichert waren und weil sie  befürchteten, dass  ihre Gärten einer Umwidmung und Überbauung zum Opfer fallen könnten. Parallel  zu dieser Pressemitteilung  entdeckte ich aber auf der Web-Seite des Verbandes der Gartenfreunde e. V. einen Aufruf zum gleichen Thema, der da lautet: „Verschaffen wir uns Gehör“. Ein Klick auf den Anker gibt den Text frei, der die Forderungen der Kleingärtner zusammenfasst:

  • „Beibehaltung der aktuellen Richtzahl von einem Kleingarten zu sieben Geschosswohnungen. Die vorgeschlagene Änderung der Richtzahl  auf 1 : 9 wird abgelehnt.
  • Ausweisung von Kleingartenanlagen der Erhaltungsstufen 2 und 3  als Dauerkleingärten. Es soll eine angemessene Anzahl bezahlbarer Kleingärten entsprechend der Nachfrage sichergestellt werden.“
Aber STOPP! In der Vorstellung des Konzeptes auf der Rathausseite ist zu lesen: „Die Konzepterarbeitung wurde von einem breiten, öffentlichen Bürger*innen-Beteiligungsverfahren begleitet. Als wichtigster Partner war dabei auch der Verband der Gartenfreunde e. V. Hansestadt.“ Irgendetwas passt hier nicht!  Sehen so die Aktionen eines Vereins aus, der  in die Ausarbeitung des Konzeptes mit eingebunden und berücksichtigt wurde? Wie auch immer, es wird jetzt sehr konkret mit dem Kleingartenentwicklungskonzept, denn jetzt geht es zur Abstimmung in die Ortsbeiräte, bevor es im Dezember 2023  der Bürgerschaft zur  Bestätigung vorgelegt wird. Zur Erinnerung:  Wir haben circa 15.000 Kleingärten in 155 Anlagen. Die bisherige Mindestversorgung mit Kleingärten  betrug:  ein Kleingarten auf sieben Geschosswohnungen. Im neu erarbeiteten Kleingartenentwicklungskonzept wurde nunmehr festgelegt, dass diese Mindestversorgung auf einen Kleingarten für neun Geschosswohnungen verändert wird, was zur Folge hat, dass die Stadt mit derzeit circa 15.000 Kleingärten um etwa 2.500/3.000 Kleingärten überversorgt ist. Gleichzeitig wurde eine Bewertung der Anlagen nach bestimmten Kriterien vorgenommen, die sie damit  in unterschiedliche Kategorien einordnet. Bei einer späteren Übernahme dieses Konzeptes in den Flächennutzungsplan  werden aber nur die mit „Gut“ oder „Sehr gut“ bewerteten Anlagen vor Überbauung  geschützt sein. Im Vorfeld dieser Abstimmungen ist es also sehr wichtig, dass sich auch die breite Bevölkerung dieses Konzept noch einmal genau anschaut und für sich entscheidet, ob sich so  unsere traditionellen Kleingartenanlagen entwickeln sollen. Denn, ist das Konzept erst durch die Bürgerschaft bestätigt, wird es schwer, irgendwelche Veränderungen durchzusetzen.  Gehen Sie bitte  auf die Web-Seite des Rostocker Rathauses und schauen Sie sich die Ausarbeitungen noch einmal kritisch an und lesen Sie auch den Aufruf beim Verband der Gartenfreunde Rostock e. V. Sie können ihre  Beteiligung  über die  Ortsbeiräte wahrnehmen und Veränderungen vorschlagen, damit dieses Konzept zur Entwicklung unserer Grünflächen und Gärten in Rostock genau das ist, was ein Großteil der Bevölkerung möchte. Bilden Sie sich also Ihre Meinung und nehmen Sie aktiv teil an Entscheidungen, die die „Grüne Welle“ in unserer Stadt ausmachen! Noch zwei Sätze zum Wohnungsbau, der ja auch maßgeblichen  Einfluss auf die  Durchsetzung dieses Konzeptes  haben kann und wird. Es ist noch nicht lange her, da wurde in einem Artikel einer Tageszeitung  gesagt, dass wir aktuell einen Bedarf von 8.400 Wohneinheiten hätten.  Nun kann man natürlich solch eine Zahl einfach so in den Raum stellen. Für mich ergab sich aber die Frage, ob die bereits im Bau befindlichen oder geplanten Wohnungen (wie die Projekte Thierfelder Straße, Werftdreieck, Neubrandenburger Straße, Lichtenhagen, Warnow-Quartier, usw. – ich kam bei der Aufrechnung der mir bekannten Projekte grob schon einmal auf mehr als 4.500 Wohneinheiten) in der o. g. Zahl mit enthalten sind oder ob diese zusätzlich zu betrachten sind.  Ich finde, eine berechtigte und wichtige Frage, gerade,  wenn es darum geht, in welchen Umfang noch Bauflächen benötigt werden und ob  Kleingärten umgenutzt und überbaut werden müssen oder nicht. Und so stellte ich diese Frage auch an die entsprechenden Stellen. BINGO, eine Reaktion darauf gab es leider nicht.    

Anonym., Rostock (Name dem Verlag bekannt), 11.07.2023

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