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Zum Filmkunstfest Loki Schmidt

Auf dem Schweriner Bücherflohmarkt habe ich ein interessantes Buch erworben. Das Buch entstand auf der Grundlage eines Gespräches des Journalisten Reinhold Beckmann mit Loki Schmidt im Jahr 2008 und trägt den Titel "Erzähl doch mal von früher". Loki Schmidt beschreibt ihre Kindheit als Kind in eine Arbeiterfamilie geboren, über die Zeiten des NS-Terrors, den furchtbaren Krieg und den Wiederaufbau Deutschlands. In ihrer Kindheit lebte die Arbeiterschicht in bitterster Armut. Loki Schmidts Familie bewohnte eine Wohnung mit 28 Quadratmetern, ohne Wasseranschluss, ohne Strom, nur Gas. Die Wohnung war dunkel und kalt. Ein WC gab es nicht, nur einen Austritt im Treppenhaus mit dem einzigen Wasserhahn. Zum Baden diente eine mobile Zinkwanne, in der zuerst die drei Kinder und dann die Eltern in der Küche badeten. Als Helmut Schmidt, der in bürgerlichen Verhältnissen aufwuchs, sie zum ersten Mal zu Hause besuchte, so berichtet sie, war er entsetzt über die Armutssituation der Familie. In Schwerin ist gerade das Filmkunstfest MV zu Ende gegangen. Ich war froh für Anfang 20-Jährige, gerade die Ausbildung beendet und junge Berufsanfänger, die zum Filmkunstfest nach Schwerin anreisten, eine preisgünstige Pensionsunterkunft für zwei Nächte, fußläufig zum Veranstaltungsort Kino Capitol, buchen zu können. Leider haben sie sich darüber beschwert, dass sich Dusche und WC außerhalb auf dem Flur befanden. So etwas ginge ja gar nicht, meinten sie. Was ist das nur für eine verwöhnte Wohlstandsgeneration? Wissen sie ihre derzeitige Lebenssituation wirklich nicht mehr zu würdigen? Werden sie den Frieden schätzen und den harten Aufbau Deutschlands durch die vorangegangenen Generationen wertschätzen können? Vielleicht hilft es ja Loki Schmidts Buch zum nachdenklichen Lesen zur Verfügung zu stellen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Marion Sönnichsen, Schwerin, 09.05.2023

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