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Schwerter zu Pflugscharen

Sehr schön, dass da jemand an die großen Aktionen der Kirchen erinnert und an ihre vielfältigen Bemühungen um Frieden. Ja, solch einen Aufnäher hatte ich auch „Schwerter zu Pflugscharen“. Allerdings nicht lange. Die Polizei hat mir selbst die Schere gegeben, mit der ich ihn mir von der Jacke schneiden musste. Wann das gewesen sein soll? 1982, in der Deutschen Demokratischen Republik. Der offizielle Slogan hieß nämlich: Frieden schaffen gegen Nato-Waffen. Das waren die bösen und gefährlichen, währenddessen die anderen Waffen nur dazu da waren, uns zu schützen; und nicht nur uns, sondern den Frieden insgesamt und den Sozialismus natürlich. Wer damals so einfach denken konnte, dem kann man fast nicht übelnehmen, wenn er auch heute in diesen Kategorien weiterdenkt: Wer dafür ist, dass ein überfallenes Land sich verteidigen kann, der ist demnach also für die Ausweitung und Intensivierung des Krieges. Oder: Einseitige Schuldzuweisungen an Russland helfen da nicht … Geht’s noch? Alles, was gegen solch eine Realitätsverweigerung gesagt werden müsste, ist hier schon von einigen sehr klar und begründet ausgesprochen worden. Jede weitere Erklärung wird ebenso abprallen, weil eben nicht sein darf, was nicht ins eigene Weltbild passt. Und eigentlich stimmt es ja auch: Einseitige Schuldzuweisungen an Russland helfen da nicht, es müssen nämlich leider auch Waffen her, damit dieser Angreifer möglichst bald aus dem Land getrieben werden kann. Christsein hat durchaus mit Realismus zu tun, auch wenn man sich lieber frömmelnde Exoten vorstellt, die die Welt durch eine verklärte Brille sehen.

Wolfgang Hubert, Scheyern, 03.05.2023

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