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Der "Amerikanische Traum"

Am 14.03.2023 hielt Dr. P. Gottschlich von der Universität Rostock vor 76 interessierten Hörern der Seniorenakademie 55 Plus Stralsund einen Vortrag zum Thema "Der Amerikanische Traum - Einwanderungsland USA". In seinen Ausführungen konzentrierte er sich besonders auf die deutschen Auswanderer und beleuchtete damit einige Aspekte sowohl der deutschen als auch der amerikanischen Geschichte. Seit dem 17. Jahrhundert machten sich Millionen Menschen auf eine beschwerliche und ungewisse Reise mit dem Ziel, im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" für sich und ihre Familien eine gesicherte Existenz aufzubauen. Lt. einer Statistik aus dem Jahre 2021 hat etwa jeder achte Bürger der USA deutsche Wurzeln. 1775 –1783 kämpften ca. 30.000 deutsche "Landeskinder", vorwiegend aus Hessen und Baden-Württemberg, an der Seite der Engländer im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Aber auch die amerikanischen Truppen bekamen deutsche Unterstützung. Friedrich Wilhelm Freiherr von Steuben, ein preußischer Offizier, kämpfte als General in der Befreiungsarmee. Ihm zu Ehren findet noch heute alljährlich in New York die "Steubenparade" statt. Ausgelöst durch gesellschaftliche Krisen in den unterschiedlichsten Ländern gab es besonders im 19. Jahrhundert mehrere große Auswanderungswellen. Zwischen 1800 und 1850 stieg die Bevölkerungszahl in Deutschland von 23 auf 35 Millionen an. Die einsetzende Industriealisierung und die damit einhergehende Verelendung eines Teils der Bevölkerung führten dazu, dass allein in den beiden Jahren 1882 und 1883 etwa 500.000 Deutsche aller Berufsgruppen ihre Heimat verließen. Es waren nicht in erster Linie die Ärmsten (die konnten sich das Ticket für die Überfahrt meist gar nicht leisten), sondern die mit ihrem Leben Unzufriedenen, die sich auf den Weg machten. Sie hofften mit harter Arbeit und etwas Glück auf ein besseres Leben und Wohlstand. Einen besonderen Anreiz bot der von Präsident Lincoln 1862 unterzeichnete "Homstead Act". Danach konnten Personen über 21 Jahre vom Staat 65 Hektar Siedlungsland erwerben, das nach fünf Jahren Bewirtschaftung in ihr Eigentum überging. Aus dem Gebiet Mecklenburg-Vorpommern verließen von den ca. 600.000 Einwohnern rund 200.000 ihre Heimat. Das entsprach etwa einem Drittel (!) der Bevölkerung und führte in jener Zeit zu erheblichen Arbeitskräfteproblemen. Die vielfältigen Berufe der deutschen Auswanderer trugen nicht unerheblich zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Integration bei. Auch erleichterte die Verwandtschaft der deutschen und englischen Sprache das Einleben in der neuen Heimat. 1921 verschärften die USA ihre Einwanderungsbestimmungen und führten eine Begrenzung und Quotierung ein. Nach der Machtergreifung der Faschisten 1933 emigrierten viele politisch oder rassisch Verfolgte, insbesondere aus der akademischen und kulturellen Elite Deutschlands, in die USA. Viele von ihnen kehrten nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges nicht wieder in ihre alte Heimat zurück, sondern wurden amerikanische Staatsbürger. Auch heute beantragen jährlich etwa 2.000 bis 4.000 Deutsche, hauptsächlich zu Studienzwecken oder aus beruflichen Gründen, eine Aufenthaltsgenehmigung in den USA. Nicht für jeden erfüllte sich der "Traum vom Tellerwäscher zum Millionär". Der Mythos vom "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" jedoch hat sich bis heute gehalten. Die Anwesenden dankten dem Referenten für diese interessante Wissenserweiterung mit herzlichem Beifall. T. Zimmer, Stralsund, Seniorenakademie

Thea Zimmer, Stralsund, 28.03.2023

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