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Noch einmal "abgegeben"

Ich kenne die Ausstellung „abgegeben“ nicht, und kann will darum auch nicht beurteilen, inwieweit diese gelungen ist oder vielleicht etwas einseitig und tendenziös darstellt. Der allgemeine Protest gegen diese Ausstellung und die damit verbundenen Studien zum Thema Wochenkrippen verwundert mich aber sehr. Warum soll dieses Thema nicht Gegenstand der Forschung sein? Warum tut man nach über 30 Jahren, als ob es in der damaligen DDR paradiesische Zustände gegeben hätte? Warum haben wir, das Volk, die DDR eigentlich nicht mehr gewollt? Es ist ein Fakt, dass es überall auch viel Menschlichkeit gab, weil dort Menschen tätig waren. Und sicher haben viele Krippenerzieherinnen und Kindergärtnerinnen auch menschlich Hervorragendes geleistet. Und die allermeisten Eltern, die solche Kindereinrichtungen genutzt haben, haben dies nicht getan, um ihren Kindern etwas Schlechtes zu tun. Dass wir in der DDR aber solch ein flächendeckendes Netz an Kindereinrichtungen hatten, und jedem Kind ein Krippen- bzw. Kindergartenplatz zustand, hatte durchaus politische Interessen, nämlich die Kinder so früh wie möglich zu sozialistischen Kollektivpersönlichkeiten heran zu bilden. Und dass man auf diese Weise den Erziehungseinfluss von Eltern sehr begrenzt hat, war keine Nebenerscheinung, sondern bewusste Absicht. Man darf auch an die Eltern erinnern, vor allem Mütter, die ihrer Kinder wegen auf Arbeit und Geld verzichtet haben und zu Hause geblieben sind, von anderen oft mitleidig oder abwertend belächelt.

Wolfgang Hubert, Scheyern, 23.03.2023

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