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Der Deutsche Bundestag

Aus den Medien ist seit einigen Wochen wieder einmal zu vernehmen, dass der Bundestag verkleinert werden soll. Als Frau Merkel 2005 zur Bundeskanzlerin gewählt wurde, saßen im Bundestag 614 Politiker. Heute sind es 736 Abgeordnete. Verantwortlich dafür ist das maßgeschneiderte Deutsche Wahlrecht. Das jeder Wähler zwei Stimmen hat, dürfte allgemein bekannt sein. Mit der Erststimme wird der Kandidat aus dem Wahlkreis bestimmt und mit der Zweitstimme wählt man eine Partei. Hat eine Partei mit der Zweitstimme zum Beispiel 100 Sitze im Bundestag erworben und mit der Erststimme zusätzlich 105 Direktkandidaten aus dem Wahlkreis auf sich vereint, hat sie also fünf Überhangmandate, die sie mit in den Bundestag einbringen darf. Parteien, die keine Überhangmandate haben, werden dann prozentual berücksichtigt, um sie nicht zu benachteiligen. Jeder Bundestagsabgeordnete erhält im Monat 10.083, 47 Euro, hinzu kommt eine Aufwandpauschale von 4.560,69 Euro. Das sind zusammen 14.644,16 Euro. Für seine Mitarbeiter erhält er jeden Monat 22.795,00 Euro. Jeder Bundestagsabgeordnete kostet dem Steuerzahler damit im Monat 37.439,16 Euro. Im Jahr sind das dann 449.269,92 Euro. Bei 736 derzeitigen Abgeordneten sind das dann die unvorstellbare Summe von 330.662.661,12 Euro. Also sprechen wir von rund 330,7 Millionen Euro. Einmalig werden jedem Bundestagsabgeordneten 12.000 Euro für Büroausstattung gezahlt. Die kostenlose Nutzung aller Verkehrsmittel, der Erwerb von zusätzlichen Rentenansprüchen oder die Zahlung eines Übergangsgeldes nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag, soll hier unberücksichtigt bleiben. Stellt aber mit Sicherheit einen weiteren, erheblichen Kostenfaktor für den Steuer-zahler dar. Ich will hier mit Sicherheit aufgrund der angegebenen Zahlen keine Neiddebatte entfachen. Jeder Bundespolitiker mit einem 24-Stunden-Job muss ordentlich bezahlt werden, damit er unbeeinflusst von Lobbyisten frei entscheiden kann. Als sogenannter Normalbürger kann man sich oft nur wundern, mit welcher Leichtigkeit über Gelder in Milliardenhöhe entschieden wird. Da stellt sich doch die Frage, wie viel ist das eigentlich, eine Milliarde. Eine Ein-Euro-Münze hat eine Stärke von 2,33 Millimeter. Stellt man nun eine Milliarde dieser Ein-Euro-Münzen, wie beim Domino, allerdings dicht an dicht, hintereinander auf, ergibt das eine Strecke von 2.330 Kilometern. Das entspricht einer Entfernung von Berlin bis Madrid. Selbst diese Darstellung ist kaum vorstellbar. Mir geht es einfach um die Verkleinerung des Bundestages und das mit einem einfachen, transparentem Wahlverfahren. In Deutschland gibt es 299 Wahlkreise. Jede Partei kann sich in jedem Wahlkreis zur Wahl aufstellen. Die Person, die die meisten Stimmen, egal aus welcher Partei, auf sich vereint, zieht in den Bundestag ein. Eine gewünschte Parteienvielfalt wäre gegeben und der Wähler kennt seinen Bundestagsabgeordneten aus dem Wahlkreis. 437 Bundestagsabgeordnete weniger bringen für den Deutschen Staat eine Einsparung von 196 Millionen Euro. Was könnte man mit diesem Geld alles Sinnvolles anfangen? Zum Beispiel kostenloses Lernmaterial oder endlich mal den hohen Sanierungsbedarf unserer Schulen abbauen. Man müsste es nur wollen.

Hans Carow, Rostock, 01.02.2023

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