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Augenwischerei

Der Krieg gegen die ukrainische Bevölkerung ist uneingeschränkt zu verurteilen. Protest und Solidarität sind richtige und wichtige Reaktionen. Was allerdings von Teilen unserer Politiker und Medien verlautbart wird, entspricht so ganz einem alten ukrainischen Sprichwort »Wenn die Fahne fliegt, ist der Verstand in der Trompete.« Es werden Hysterie und Ängste geschürt und Aktionismus praktiziert. Manche schrillen Äußerungen grenzen an Hexenjagd und Bilderstürmerei. Zu hoffen bleibt nur, dass nicht ein Irrer auf den Atomknopf drückt und unweigerlich den dann letzten Weltkrieg auslöst. Dass ein Atomkrieg gegen die Nuklearmacht Russland nicht zu gewinnen ist, haben scheinbar sogar unsere ziemlich besten Freunde von jenseits des großen Teichs begriffen. Das schon reflexhafte Rufen nach immer neuen Sanktionen ist nichts weiter als Augenwischerei. Sie haben weder gegen Kuba noch gegen Nordkorea, Venezuela oder sonstwen die gewünschte Wirkung gezeigt. Südafrika und die DDR implodierten wegen ihrer inneren Widersprüche und nicht wegen Sanktionen oder Embargos. Es wird also hoffentlich nach diesem unsinnigen Krieg weiter eine Ukraine und ein Russland geben. Ausgerechnet Stalin sagte angesichts der ungeheuren Naziverbrechen gegen sein Land: »Die Hitler kommen und gehen, das deutsche Volk bleibt.« Das Gebot der Stunde kann nur heißen, alles zu unternehmen, um beide (!) Seiten zu Waffenruhe und zu Friedensverhandlungen aufzufordern. Aufrüstung und Waffenlieferungen sind kein geeignetes Mittel. Unsere bisherige Arbeitsteilung ist ebenfalls unsinnig: Die Bevölkerung engagiert sich vorbildlich für humanitäre Hilfe, während die Regierung mal so nebenbei 100 Milliarden Euro für militärische Zwecke bereitstellt, Geld, das für die Beseitigung der Kriegsschäden gewiss dringend benötigt wird.

Rainer Sabisch, Boizenburg, 21.03.2022

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