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Wahlnachlese

Die BT-Wahl ist vorbei – oder doch noch nicht? Knapp zwei Wochen danach hängen noch immer viele Wahlplakate an den Laternenmasten. Beim Aufhängen derer ging es nicht schnell genug, aber was den Rückbau betrifft, sind die Parteien recht säumig – oder überlässt man Regen und Sturm die Arbeit? Es ist absolut kein schöner Straßenanblick. Aber das nur nebenbei. Im Moment des Einsteckens der Wahlscheine in die Urne war es vorbei mit der Souveränität des Souveräns. Auf alles Nachfolgende haben wir keinen Einfluss mehr. Geht man rein von den Zahlen aus, müsste es eine Groko unter SPD-Führung geben. Das sind zwar insgesamt „nur“ 50 Prozent der Stimmen, aber die andere Stimmenhälfte verteilt sich auf vier weitere Parteien und x-Andere. Das wäre eigentlich der sich ergebende Regierungsauftrag. Von zig-Jahren Groko hat der Bürger aber genug – das ist die andere Seite. Sollte die „Ampel“ klappen, koalieren FDP und Grüne mit dem Wahlsieger. Sollte „Jamaika“ sich noch ergeben, hieße das, den Wahlsieger in die Opposition zu schicken. Ja, geht's noch? Das wäre ein Unding, ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass der Souverän nach der Wahl eben nicht mehr souverän ist. So viel zu gelebter Demokratie! Was die viel zitierten Analysen des Wahldebakels (CDU/CSU, aber auch Linke) betrifft, darf man auf deren Ergebnis gespannt sein. Bei den Linken liegt vermutlich schwer, dass S. Wagenknecht nicht mehr in der ersten Reihe ist. Ich persönlich hoffe sehr, dass die von links abgewanderten Wähler nicht das „Nein“ der Linken zu allem Militärischen ihr zur Last legen. Betr. der AfD-Erfolge besonders in Sachsen und Thüringen müssen die Parteien über ihre Mankos nachdenken. Es lässt sich nicht alles mit Frust erklären, sondern man muss genau herausfinden, was in Sachen Gesundheitssystem, Bildung, Pflege, Löhne u.a. nicht die Beachtung gefunden hat, die im Interesse der breiten Wählerschaft liegt. Ein Glück, dass die Ergebnisse bei unserer LT-Wahl in MV sehr eindeutig waren und es der SPD freisteht, wen sie sich als Partner an die Seite holt. Aber Land ist eben nicht Bund, denn er entscheidet über Mindestlohn, Renten, Steuerbelastung, Außenpolitik u.a., und eben da wird der Blick des Wählers wesentlich kritischer. Und man sollte schon mal (ganz sachlich!) gucken, auf welche wunden Stellen die AfD den Finger legt.

Wolfgang Mengel, Stralsund, 06.10.2021

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