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Absurd

Als ehemalige Grundschullehrerin und Fachschuldozentin am Institut für Lehrerbildung in Rostock, das leider nach der gesellschaftlichen Wende in der DDR »abgewickelt« wurde, kann ich die Auffassung des Deutschen Lehrerverbandes, dass Quereinsteiger ein Verbrechen an den Kindern ist, teilen. Die Ausbildung von Grundschullehrern in einem sogenannten Crashkurs innerhalb von zwei Wochen ist nicht nur absurd, sondern eine Nichtachtung und Geringschätzung der notwendigen pädagogischen und didaktischen Fähigkeiten und der verantwortungsvollen Arbeit der Lehrer in den ersten vier Jahren der Schulzeit. Sie legen den Grundstein für eine erfolgreiche Tätigkeit der Oberstufenlehrer und sichern eine gute Bildungsqualität in unseren Schulen. Sie legen aber auch den Grundstein für die Lernbereitschaft und Lernfähigkeit der Kinder und entwickeln und fördern ihre moralischen Werte für das gesellschaftliche Leben. Dass ein Grundschullehrer schlechter bezahlt wird, das ist eine Schande für die politisch Verantwortlichen in unserem Land, dass immerhin die vierte stärkste Wirtschaftsmacht der Welt ist, aber im Bildungsbereich nur Mittelmaß aufweist. Der Personalmangel an den Schulen ist nach meiner Meinung das Ergebnis für die immer geringer werdende Autorität des Lehrers in der Gesellschaft. Es macht mich nicht nur wütend, sondern auch traurig, wenn mir ehemalige Studenten sagen, dass sie heute nie wieder Lehrer werden würden. Und ihre Argumente hierfür sind nicht nur materielle. Mit Quereinsteigern kann die Politik den angezeigten Anstieg des Lehrermangels vielleicht quantitativ positiv beeinflussen, aber die kritikwürdige Qualität unseres Bildungssystems bleibt davon unberührt.

Brigitte Schneider, Warnemünde, 02.01.2020

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