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Zum 90. Geburtstag

„Wenn dich deine Feinde loben, hast du einen Fehler gemacht“, soll Lenin einmal gesagt haben. So etwa wird M. Gorbatschow an seinem 90. Geburtstag gedacht haben. Besonders von seinen Landsleuten werden ihm eine Reihe grober Fehler vorgeworfen. Da war vor allem seine Gutgläubigkeit gegenüber dem Westen. Der größte Konflikt zwischen den Großmächten war sicher die Unvereinbarkeit zwischen Kapitalismus und Kommunismus, und Gorbatschow sowie die meisten friedliebenden Menschen auf der Welt hatten die Hoffnung, dass nach dem Zerfall des Kommunismus der kalte Krieg beendet werden kann. Es wurde versprochen - auch von dem westdeutschen Außenminister Genscher - dass die NATO Richtung Osten die Oder-Neiße-Grenze nicht überschreiten wird und alle Besatzungstruppen aus Deutschland abgezogen werden. Versäumt wurde, dass diese Abmachungen auch mit völkerrechtlich sicheren Verträgen (vor allem schriftlich) abzusichern waren. Was ist heute von all diesen Hoffnungen und Versprechungen geblieben? Russland (obwohl nicht mehr sozialistisch) wurde wieder zum Hauptfeind erklärt, NATO-Stützpunkte befinden sich direkt an den russischen Grenzen. An Abrüstung war nicht zu denken, im Gegenteil. Das wollen die großen Rüstungskonzerne auf keinen Fall. So haben sich die Rüstungsausgaben allein in den USA seit dem Fall der Mauer 1990 bis 2020 von ca. 300 Mrd. auf 738 Mrd. Dollar erhöht. Die russischen Rüstungsausgaben betragen nur etwa 10% dieser Summe. Auch von einer kameradschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Russland und den westlichen Ländern einschließlich USA, von der M. Gorbatschow nach dem Zerfall der Sowjetunion ausgegangen ist, ist heute nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, der kalte Krieg wurde nicht beendet, er ist wieder voll entbrannt. Es wird alles getan, der russischen Regierung zu schaden, sowohl wirtschaftlich wie auch politisch. Da fragt man sich, wie können die westlichen Politiker Michail Gorbatschow anlässlich seines 90. Geburtstages offen in die Augen sehen? Die russischen Menschen werden M. Gorbatschow am meisten vorwerfen, dass er ein über Jahrzehnte eingefahrenes System innerhalb kürzester Zeit aufgelöst hat, ohne eine Neuordnung zu installieren. Und das in einem riesigen Land, das sich davon bis heute nicht erholt hat. Das musste in einem Chaos enden (Ära Jelzin). Das Vakuum nutzten Oligarchen, die vor allem an ihre eigenen Vorteile dachten, unterstützt von ausländischen „Spezialisten“, die ebenfalls eigene Interessen verfolgten. Dass heute wieder einigermaßen Ordnung im Land herrscht, ist vor allem W. Putin zu verdanken, und das trotz aller Hindernisse, die ihm in den Weg gelegt werden.  

Udo Lang, Prohn, 16.03.2021

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