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Was macht die Stadt Rostock mit der Dresden?

Als ehemaliger nautischer Offizier der Reederei AIDACruises bin ich der Deutschen Seereederei Rostock, ihren Besatzungen und Schiffen nach wie vor eng verbunden. Ich betrachte es daher mit Entsetzen, wie von Seiten der Stadt Rostock, den BuGa-Verantwortlichen und dem Schifffahrtsmuseum mit dem MS Dresden umgegangen wird. Das MS Dresden ist das letzte verbleibende Schiff der TYP-IV Serie, mit welcher sich die Deutsche Demokratische Republik in den fünfziger Jahren den maritimen Weg in die Welt bereitet hat. Diese Schiffe wurden in DDR-Produktion gefertigt und haben mit den auf ihnen tätigen Besatzungen der Deutschen Seereederei weltweite Anerkennung verschafft. Mit dem MS Dresden hat die Stadt Rostock daher ein technisches Denkmal, wie es in vielen anderen Städten seinesgleichen sucht. Ein solches Erbe gilt es mit nautischem und historischem Sachverstand zu pflegen und in Ehren zu halten. So könnten beispielsweise an Bord ehemalige Kammern in ihrem Urzustand wieder hergerichtet werden. Dies wäre ein ehrlicher Beitrag zum Denkmalschutz und zur Museumspflege, denn nur auf diese Weise können Besucher erfahren, wie die Besatzungen auf den Schiffen gelebt und gearbeitet haben. Was passiert stattdessen an Bord des Schiffes? Es ist klar erkennbar, dass seit der Indienststellung des Traditionsschiffes Typ Frieden 1970 in Schmarl mit dem Denkmalschutz Schindluder getrieben wurde. So wurde zum Beispiel die Kapitänskabine als Versammlungsraum umgebaut, das Schiff wurde mehr und mehr zum Büro für die Verwaltung. Der Gipfel dieser Zerstörungswut wird nun jedoch durch die Pläne der Errichtung eines Klettergartens im Ladegeschirr des MS Dresden erreicht. Dadurch wird die Architektur und Ansicht des Schiffes in ihrer Gänze zerstört, so dass man hier mit Fug und Recht nicht von Museumspflege, sondern von Vandalismus sprechen muss. Es zeigt sich, dass bei den Verantwortlichen der oben genannte nautische und historische Sachverstand auf der ganzen Linie fehlt. Die Stadt Rostock hat mit dem Jugendschiff Likedeeler ausreichende Vergnügungskapazität für Jugendliche zur Verfügung. Sollte diese wider Erwarten nicht ausreichen, so könnten sich die Verantwortlichen sicherlich andere Örtlichkeiten für eine Klettermöglichkeit einfallen lassen. Man solle sich aber tunlichst davor hüten, eines der letzten technischen Denkmäler Deutschlands zu entwürdigen und zu verschandeln.

Alexander Vassiliadis, Piräus, Griechenland, 08.02.2021

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