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„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten…“ – Die (vergebliche) Suche nach der ‚Weltformel‘ „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin.“ Diese Zeilen eines Gedichts von Heinrich Heine (1797-1856) fielen mir unlängst ein beim Lesen eines Leserbriefes im Schweriner ‚Blitz‘ zum Thema ‚Politikmüdigkeit‘. Heine widmete seine Verse der schönen Jungfrau Loreley, die mit ihrer Anmut und ihrem Gesang tollkühne Freier anlockte. Warum? Letztlich nur, um sie zu betören, so dass sie unvorsichtig wurden und die Fluten des Flusses sie verschlungen. Es war diese schön-schaurige Geschichte, die mir in den Sinn kam, als ich las von 'Volksverdummung', von 'dummen Politikern', die nur als Marionetten agieren an den 'Fäden der Superreichen', die an allem, vor allem an Kriegen und Rüstung verdienen. Das ist sie doch – die lang gesuchte ‚Weltformel‘ – oder doch nicht? Komisch, warum nur bin ich so undankbar dieser 'Welterklärung' gegenüber? Gebührt dem Autor nicht der Nobelpreis für diese einzigartige Leistung des Wissens? Eines Wissens, das ich nicht habe. Bin ich vielleicht neidisch, weil ich nicht dazugehöre, zum Club der Weisen und Auserwählten, die wissen, ‚was die Welt im Innersten zusammenhält? Warum nur erinnert mich diese Analyse so deutlich an die - als Fälschung entlarvten – „Protokolle der Weisen von Zion" mit ihren verheerenden Auswirkungen auch auf Geist und Seele? Fragen über Fragen. Warum nur komme ich mir vor wie in einer Unterrichtsstunde im Fach Staatsbürgerkunde der DDR? Weil vielleicht dieser Mythos genau das ist: ein Mythos der Vereinfachung! Weil die Wirklichkeit vielleicht doch zu kompliziert und zu komplex ist, als dass ein allzu bekanntes Muster alles zu erklären vermag? Vielleicht aber auch deshalb, weil diese doch allzu theoretische Analyse schon in einem x- beliebigen Einzelfall jämmerlich versagt. Nehmen wir den russischen Angriffskrieg auf das Nachbarland Ukraine. (Ach ja, nach dieser Analyse bin ich ja schon mit dieser Aussage irregleitet und– wieder einmal – den ‚Mächtigen dieser Welt‘ auf den sprichwörtlichen ‚Leim gegangen“ – Wie konnte ich das nur übersehen bzw. vergessen?) Doch meine Fragen bleiben. Und sie werden immer lauter: Wird die ‚Weisheit‘ dieses Leserbriefes den vielen Toten im Nachbarland Ukraine gerecht? Weil die vielen Opfer ebenso unerwähnt bleiben wie die Namen der Täter, die bekannt sind für all das Unrecht gegen die Zivilbevölkerung in diesem Land und überall auf dieser schönen Erde! Weil das Budapester Memorandum wieder einmal verschwiegen wird, das Sicherheit für die Ukraine vorsah, weil die drittstärkste Atommacht der Erde sich selbst der Atomwaffen entledigte und sie ausgerechnet dem derzeitigen Aggressor überließ? (Der angeblich als Einziger über den Kommando-Code verfügt – ja so einfach kann man sich die Welt reden!) Weil die vertraglichen Vereinbarungen verschwiegen werden, die Bündnisfreiheit und Souveränität der Länder des ehemaligen 'Ostblocks' gewährleisten! Stattdessen beruft man sich auf Gesten und vage Absprachen, um im anderen Fall jene Menschen, die in Gesprächen angeblich etwas versprachen – was übrigens nie Völkerrecht wurde – als Imperialisten zu brandmarken. Weil die Suggestion verbreitet wird, als ob die so genannten russischen Sicherheitsinteressen oberste Priorität haben, mehr als der Friede in Europa und die Sicherheitsinteressen anderer Völker! Weil verschwiegen wird, dass in Westeuropa keine atomaren Raketen stationiert sind, die die russische Föderation bedrohen. Das Gegenteil sieht anders aus! Weil die russische Grenze von NATO-Staaten akzeptiert wurde und wird, während das Gegenteil auch hier anders aussieht. Weil verschwiegen wird, wer den Russland- NATO- Rat torpedierte, der das Einvernehmen mit Russland zum Inhalt und zum Ziel hat bzw. hatte? Weil suggeriert wird, wie gut es uns doch gehen würde, wenn (endlich) unsere Steuermittel nicht der Verteidigung der Ukraine mehr zugutekommen? Fragen über Fragen, so dass ich meine anfängliche Euphorie doch erheblich bremsen muss bezüglich der 'Weltformel'. Ich ziehe meinen Antrag bezüglich des Nobelpreises für Welterklärung zurück! Rudolf Hubert Schwerin
Rudolf Hubert, Schwerin, 12.09.2025