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Was tun bei Ärztemangel?

Beneidenswert, wer in diesen Zeiten von Krankheiten verschont bleibt. Bedauernswert, wer als chronisch kranker von Freitag mittag bis Montagmorgen irgendwelche Attacken im Alleingang bekämpft, wer einmal 5 Stunden als Notfallpatient in einem überfüllten Wartezimmer verbracht hat, wer als alter Kranker wegen eines Lungenfilms von Boizenburg nach Hagenow fahren musste, während junge Gesunde wegen der gleichen Untersuchung von Horst ins Boizenburger Krankenhaus gefahren werden. Bewundernswert, wie Notaufnahmen, Haus- und Fachärzte mit ihren Teams trotz Personalmangels und überbordender Bürokratie mit frustrierten Patienten freundlich und hilfsbereit umgehen. Jedem ist bewusst, dass sich die geschilderte Misere des Gesundheitswesens weiter verschärfen wird. Selbst der Datenschutz kann nicht verhindern, dass man heute schon weiß, wieviel Erstklässler in 6 Jahren eingeschult und wieviel Haus- und Fachärzte ausscheiden werden. Es gibt vor allem in Kleinstädten Bürgermeister, die mit sehr viel Geld und Immobilien Mediziner anlocken wollen, um eine katastrophale Versorgungslücke zu schließen, meist jedoch ohne Erfolg. Was also tun? Ein Medizinstudium dauert mindestens 6 Jahre, weitere 5 Jahre Facharztausbildung. Die Kosten für das Studium belaufen sich auf mindestens 200.000 Euro, die nicht die Studenten und auch nicht die Politiker aus ihren Taschen, wohl aber die Steuerzahler aufbringen müssen. Wie wäre es also, wenn nun gewissermaßen als Gegenleistung verlangt wird, 3 Jahre dort zu praktizieren, wo man dringend gebraucht wird, und das ist sicher nicht die Verbannung. Erwartungsgemäß ertönt bei einer solchen Anregung der empörte Aufschrei, dass so etwas an finstere DDR-Praktiken erinnere. Ebenso erinnern kann man aber auch, dass es sich nicht um politisch-ideologische Grabenkämpfe, sondern schlicht um ein humanitäres Anliegen dreht. Und wer derzeit leichtfertig die Wiedereinführung der Wehrpflicht fordert, sollte vielleicht darüber nachdenken, dass es nicht um Waffenputzen, sondern um die Fürsorge für bedürftige kranke Mitbürger geht.

Rainer Sabisch, Boizenburg, 27.06.2025

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