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Sind wir wieder so weit?

Böse Erinnerungen aus zwei Gesellschaftssystemen kommen hoch bei der Straftat, dessen sich ein Landwirt aus Wöbelin bei Ludwigslust schuldig gemacht hat. Der Landwirt hatte sich aus Russland ein Paket mit einer Holz-Figur, einem Stück Seife und einer CD im Wert von 26,83 Euro senden lassen. Das Zollamt Taucha von der Post (öffnete) kontrollierte den Inhalt des Pakets und stellte die Sendung "sicher". Nun muss der Mann aus Mecklenburg mit Konsequenzen rechnen. Im Jahr 1944 hatte sich meine Mutter schuldig gemacht, weil sie in Fulgenkoppel bei Bad Doberan für hungrige Russen Brot und Speck am Wegesrand abgelegt hatte und unserer polnische Schnitter am gemeinsamen Essen der Familie teilnehmen durfte. Ein zuständiger Bewacher vom Volkssturm hatte Nachsehen mit unserer Familie und brachte es nicht zur Anzeige, was uns vor Konsequenzen bewahrte. In der DDR war es gängige Praxis, Westpakete zu öffnen. Wehe dem, der Dinge oder Informationen der Post anvertraute, die dem Staat nicht passt. Ein Arbeitskollege, der an einer staatlichen Einrichtung am Brink in Rostock seine Kritik am Staat der DDR mit einem Zettel zu Ausdruck gebracht hatte, musste sich danach verantworten. Wirklich nicht vergleichbar?

Manfred Gütschow, Roggentin, 11.09.2025

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