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"Mache einen Punkt!"

Vor einigen Jahren gestalteten die Schweriner Caritas und die „Offene Gesellschaft“ e. V. in enger Abstimmung mit politisch Verantwortlichen in Schwerin die Aktion: „Mache einen Punkt!“ Es ging um die so genannte ‚Flüchtlingskrise‘, in der folgendes Verhalten sehr häufig zu beobachten war: Einerseits sagten viele: „Ich habe nichts gegen Ausländer.“ Um allerdings sofort hinzuzufügen: „Aber…“ Und dann kamen all jene Vorbehalte, die den ersten Satz ad absurdum führten. Die Aktion „Mache einen Punkt!“ stellte darauf ab, dass der erste Satz zunächst einmal in Geltung blieb. Was es dann an möglichen Überlegungen noch gab, sollte in fairen und transparenten Aushandlungsprozessen geklärt werden. So konnte man auch in Gesprächen sicher gehen, dass der Konsens, der in einem ersten Leitsatz gefunden wurde, auch Bestand behält. Mir scheint, wir können heute in vielen Leserbriefen und medialen Aufmachern folgendes, ganz ähnlich gelagertes Phänomen beobachten. Vielfach wird gesagt: „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist zu verurteilen.“ Dann folgt ein weiterer Satz, der mit ‚Aber‘ beginnt und den ersten Satz de facto negiert. Ich bin immer wieder erstaunt, welche Narrative fast krampfhaft bemüht werden, diesen einfachen Sachverhalt zu verschleiern. Von Bedrohung ist die Rede – so als ob die Atommacht Russlands je besiegt werden könnte. Von Einkreisungsversuchen dieses riesigen Landes erzählt man ebenso wie von einer Osterweiterung der NATO. Dabei ignoriert man - wenn man schon die Kuba – Krise 1962 bemüht – dass in der Ukraine keine Atomraketen lagern, die auf Moskau gerichtet sind. Und man verschweigt, dass Russland 1997 der freien Bündniswahl souveräner Staaten zugestimmt hat, dass es souveräne Staaten waren, die das Verteidigungsbündnis NATO um Beitritt ersucht haben und dass es die aggressive Expansionspolitik Russlands war, beispielsweise gegenüber Georgien, die das faire Miteinander im NATO-Russland-Rat belastete bzw. zerstörte. Diese interessengeleiteten Narrative fallen auf fruchtbaren Boden, weil beispielsweise verschwiegen wird, dass als Gegenstück zur freien Bündniswahl das – von der NATO eingehaltene – Versprechen stand, keine Atomwaffen in neuen NATO – Staaten zu stationieren. Vielleicht sollten wir künftig das Prinzip „Mache einen Punkt!“ auch hier anwenden. Der russische Angriffskrieg gegen ein souveränes Land in Europa ist zu verurteilen. Punkt! Dann ergibt sich zunächst eine einfache Schlussfolgerung: Er kann sofort und vollständig beendet werden durch den sofortigen Rückzug aller fremden Soldaten vom ukrainischen Territorium.  

Rudolf Hubert, Schwerin, 21.07.2025

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