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Stralsund auf alten Fotos

Und wieder hatte die Akademie ein Thema, das 99 Interessierte anzog. Der gebürtige Stralsunder Andre Kobsch, Diplomjurist und Abteilungsleiter im Bauamt unserer Stadt, ist Philokartist und hat aus der Zeit von 1890 bis 1945 und auch danach Ansichtskarten und Fotografien zur Stralsunder Stadtgeschichte gesammelt. Alles begann mit der Postkarte, die 1869 in Österreich-Ungarn und am 01. Juli 1870 in Deutschland eingeführt wurde. Im ersten Jahr wurden schon über 1 Million derer verkauft. Sie war eine einfache und kostengünstige Alternative zum Brief, obwohl noch vorher (erste Gedanken dazu existierten seit 1865) als „unanständige Form der Mitteilung auf offenem Postblatt“ kritisiert. Vor allem der deutsch-französische Krieg 1870/71 entfachte ihr Leben, da damit die Soldaten kurzgefasste Nachrichten nach Hause senden konnten. Mit Bilddruck oder Foto auf der Rückseite entstand die Ansichtskarte. Eine deutsche Ansichtskarte wurde erstmals am 16. Juli 1870 vom Oldenburger Buchhändler August Schwartz verschickt, der die Zeichnung eines Artilleristen auf eine Korrespondenzkarte druckte. Andre Kobsch hat über seine diesbezüglichen Studien und Recherchen Bücher bzw. Bildbände verfasst, u.a. „Stralsund – Alte Bilder erzählen“, „Stralsund – Historische Impressionen aus der Hansestadt“ und „Stralsund – Eine nostalgische Bilderreise von 1900 bis 1960“. Erstgenanntes Buch zeigt Stralsund in der 1. Hälfte des 20. Jh. Die zahlreichen Geschäfte und Gewerbe in der Altstadt und den Vorstädten, die Geschichte der Ackerbürger und Fuhrunternehmer, die Tradition als Garnisonsstadt und auch das Verkehrswesen sind der zentrale Inhalt dieses Bandes. In der „Nostalgischen Bilderreise“ präsentiert der Autor ca. 170 faszinierende historische Ansichten, die das Leben in der Stadt zwischen 1900 und 1960 sichtbar machen. So zeigte A. Kobsch den ehemaligen Friseurladen am Alten Markt 15, wo in den linken Teil des Gebäudes (ein vorheriger Papierladen) die Stadt eine Tankstelle einbauen wollte (der Alte Markt schon damals Autoparkplatz). Ein Blick über den Fährkanal zeigte die „Hela“ und Auto-Heine. Im Diebsteig 2 gab es eine Fisch-Conservenfabrik und Räucherei. 1863 wurde für die erste Eisenbahn in Stralsund die Bahnstation „Stralsund-Hafen“ gebaut. Ein Foto aus den 1930er Jahren zeigt das Kaufhaus Philipp Weyergang in der Wasserstr. 71. In der Gentzkowstraße arbeitete die 1925 gegründete Kaufmännische Privatschule. Auf dem Knieperdamm 24 (heute Nr. 44) stand das Fleischereigeschäft Dambeck. In der Ossenreyerstraße 16 gab es die F.G.Michaelis Weingroßhandlung Stammhaus Wismar. Im Neuen Markt 13 (der heutigen Milchbar) verkaufte Scherf Brot und Kuchen. Vom 01.07.1923 stammt eine Aufnahme der Niederdeutschen Woche in Stralsund mit Festumzug und Straßenbahn. Und so ließe sich die Aufzählung weiter fortsetzen. Und so bummelten wir als Hörer per Bild durch unser Stralsund, bewunderten die Architektur der vergangenen Jahrzehnte und tauchten in das Alltagsleben der Menschen ein. Und auch heute offenbart sich dem aufmerksamen Betrachter viel von der interessanten Vergangenheit unserer wunderschönen Stadt. Die Anwesenden dankten dem referenten mit herzlichem Beifall. Wolfgang Mengel, Seniorenakademie

Wolfgang Mengel, Stralsund, 27.10.2025

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