Zur Auflösung des Verbandes

Die Auflösung des Kutter- und Küstenfischerverbandes von MV wird von der Öffentlichkeit teilweise noch nicht so wahrgenommen, wie es dieser Einschnitt in einen wichtigen Wirtschaftszweig unseres Landes eigentlich verdient hätte.
Es geht nämlich nicht nur um das Ende einer Verbandsstruktur, sondern konkret um die Bereitstellung von weniger Seefisch für den Verzehr durch die einheimischen Bevölkerung und der vielen Urlauber, die nicht nur am Strand liegen wollen, sondern ab und an auch Lust auf ein Fischbrötchen haben.
Der Logik des Marktes folgend, bedeutet das für die Zukunft mit Sicherheit Preissteigerungen bei Fischgerichten aller Art, Einkommensverluste und Existenzängste für die noch bestehenden Fischereibetriebe und vielleicht auch Auswirkungen auf die Tourismuswirtschaft insgesamt.
Nun mag man darüber klagen und jammern, es ändert sich nichts an der Tatsache, dass die Fischbestände in der Ostsee immer mehr zurückgehen. Und wo nichts ist, da kann man nichts fangen.
Nach den Ursachen des Fischrückganges befragt, nennen die Fischer oft drei Hauptgründe. Die Zunahme der Robben und der Kormorane sowie Angeltourismus in den Küstengewässern.
Ja, wenn man die riesigen Kormorankolonien an manchen Stellen der Ostsee aber auch im Binnenland sieht, kann einem schon Angst und Bange werden. Fachleute sind in der Lage, die Tonnen an Fisch zu benennen, die solche Wasservogelbestände dem Küstengewässer jährlich als Nahrung entnehmen.
Auch die Robben werden zunehmend zu einem Problem. Sie bedienen sich gerne an den ausgestellten Stellnetzen der Fischer, wo ihnen die Nahrung sozusagen im Selbstbedienungsladen angeboten wird.
Kormoran und Robbe stehen beide unter Naturschutz und eine Bestandsregulierung, so sehr sie besonders bei ersteren dringend notwendig wäre, ist derzeit daher nicht durchsetzbar.
Über den Angeltourismus muss man nicht viel reden. Er ist statistisch zu erfassen und lässt sich per Gesetz Regeln.
Was bei dieser Thematik aber immer wieder vergessen wird, ist der Fischer selbst. Natürlich nicht der Fischer, der heute diesem Gewerbe nachgeht. Sondern es geht um die Fischerei vor den Küsten unseres Landes, in der Zeit nach 1945. Und damit kommen wir auf das Gebiet der damaligen Fischereipolitik, der die Fischer der früheren DDR aus finanziellen Gründen nur zu gerne gefolgt sind. Und nicht nur sie, es kamen mit die Aufbau der Fischkombinate Rostock und Saßnitz auch Fischereikapitäne aus der BRD in die DDR, weil es hier einen gesicherter Arbeitsplatz und ein sehr hohes Einkommen gab.
Immer mehr Fische sollten gefangen und angelandet werden. Immer mehr. Es reichte den Fischern nicht, wenn der Kutter voll war und sie zum Löschen den Hafen anlaufen musste. Man führte die Brigadefischerei ein. Ein Logger oder Trawler lag auf See vor Anker, sozusagen als Mutterschiff.
Nun brauchten die Kutter nicht mehr den Hafen anlaufen, sondern löschen ihren Fang an Bord des Mutterschiffes. Das sparte Zeit und Kraftstoff, brachte mehr Zeit für den Fang und mehr Geld in die Taschen der Fischer. Man kann das alles noch nachlesen in dem Buch von Herbert A. Kasten: „Silber des Meeres“. Heute auch erhältlich im Internet.
Die Tonnenideologie der SED-Politstrategen nahm dabei groteske Züge an. Noch 1989 konnten man auf der Pier in Saßnitz abgekippte Berge von Heringen sehen, die nicht verarbeitet werden konnten. Aber sie waren bezahlt. Wurden später auf den Äckern der LPG untergepflügt. Hat sich je ein Fischer Gedanken um die Bestandserhaltung gemacht?
In der Ideologie der SED-Funktionäre war die Endlichkeit der Erde nicht vorgesehen. Eigenartigerweise schien man zu glauben, „der liebe Gott wird es schon richten“.
Diese rücksichtslose Fischereipolitik war nicht nur auf die Ostsee begrenzt. Auch auf den Weltmeeren fingen Schiffe der DDR alles und soviel wie möglich, um dann die auf See verarbeiteten Fische direkt ab Fabrikschiff gegen Devisen an den Klassenfeind zu verkaufen.
Es gibt doch noch einige der so genannten sozialistischen Leiterpersönlichkeiten, die diese Politik damals zu verantworten hatten. Warum schweigen sie ?
Selbst in der Binnenfischerei ging man ab der 60er Jahren mit Blick auf mögliche Devisen gegen die Natur vor. Die massenweise Aufzucht von Satzkarpfen in Seen mit der Zufütterung von Mais oder Getreide führte zur Eutrophierung ehemals klarer Gewässer, die teilweise heute noch unter der Verschmutzung leiden.
Makaber dabei, der Futtermais wurde gegen Devisen in Kanada gekauft und kam per Schiff in die DDR. Ausgesuchte Speisekarpfen hingegen landeten auf den Fischmarkt in Hamburg. Der Erfinder der industriellen Karpfenaufzucht in Seen, Prof. Dr. Wilhelm Schäperclaus, bekam 1959 dafür den Vaterländischen Verdienstorden in Silber.
Das als kleiner Abriss über die Fischereipolitik in der damaligen DDR. Sie war insgesamt nicht darauf gerichtet, die Natur und hier die Meere und Binnengewässer mit all ihren Lebewesen zu schützen und zu erhalten. Ging es in den Anfangsjahren noch vorrangig um die Ernährung der eigenen Bevölkerung, stand später die Erwirtschaftung von Devisen im Vordergrund.
Gewiss, man muss das alles im Kontext mit der damaligen Ost-West-Problematik sehen. Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass die Überfischung Ursache des Bestandsrückganges ist. Und mit den Folgen müssen wir und die Fischer heute leben. Heute! Denn Morgen kann es vielleicht besser aussehen, wenn wir die richtigen Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit ziehen.