Was hat MV mit Nahost zu tun?

Am 2. November hat auch der Historiker Ch. Wunnike den durch Corona ausgefallenen Vortrag nachgeholt und 60 Interessenten aufgezeigt, was MV mit Nahost und dem Islam zu tun hat. Aufgrund der geographischen Lage eigentlich nichts, aber die Historie macht ganz andere Aussagen. Schon 1266 wird in Wismar ein erster dort wohnhafter Jude erwähnt, kürzlich gab es im Nordmagazin eine Dokumentation zu den 1492 erfolgten Pogromen (Hostienschändung) in Sternberg. 1973 wurden in Ralswiek 2211 aus der Mitte des 9. Jh. stammende arabische Münzen gefunden, ein Nachweis, dass die Araber zu der Zeit bis nach Europa vorgedrungen waren. Im 10. Jh. bereiste ein Ibrahim ibn Jacub, ein Gesandter des Kalifen von Cordoba aus dem muslimisch geprägten Tortosa, das ostfränkische Reich und auch Mecklenburg (963 Schwerin). Ali ibn Ridwan, auch Hali genannt, um 988 in Gizeh geboren, studierte Medizin und Philosophie, war Astrologe und galt im Mittelalter als einer der vier Weltweisen. An der astronomischen Uhr in St. Nikolai zu Stralsund ist er in der linken unteren Ecke verewigt. Und so nannte der Referent weitere Namen, wie z.B. den Islamforscher O.G. Tychsen (1734-1815), den Grafen von Schack (1815-1894) als Übersetzer persischer Dichtkunst, den Greifswalder Orientalisten W. Ahlwardt (1828-1909) und E. Kühnel (1882-1964), ein Neubrandenburger Orientalist und Sammler islamischer Kunst. U.Müther (1934-2007) erbaute mit seiner speziellen Spannbetontechnik eine Moschee in Jordanien, und während des Golfkrieges wurden in Neubrandenburg sowohl iranische als auch irakische Panzer repariert. Viele jüdische Russlanddeutsche mit ausgeprägter Verwandtschaft in Israel und den USA leben inzwischen bei uns. In Rostock, Neubrandenburg und Schwerin gibt es islamische Zentren. Ex-Bundespräsident Wulff sagte einmal: „Der Islam gehört zu Deutschland.“ Ex-BP Gauck korrigierte diese von Vielen nicht anerkannte Sichtweise, indem er sinngemäß formulierte, dass die hier lebenden Muslime eine Beheimatung nicht durch Geburt haben, sondern durch die Bejahung des Ortes und der hier geltenden Normen.
Der Vortrag, der dankenswerterweise durch die F-Ebert-Stiftung (M/V, Schwerin) unterstützt wurde, zeichnete bei dieser nicht ganz einfachen Thematik (es gibt keinerlei Grundlagenwerke dazu) doch ein sehr anschauliches Bild über die schon seit Langem bestehenden historischen Beziehungen zwischen MV und Nahost/Islam. Dafür dankten die Anwesenden Ch. Wunnike ganz herzlich.