Sprache lebt

Natürlich ist Sprache ein hohes Kulturgut. Und sie zu verschandeln, ist geradezu ein Sakrileg. Und man kann sich zuweilen aufregen, ob mancher unsinniger Neuschöpfungen oder auch Sprech- und Schreibweisen. Und nicht zu vergessen: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.
Aber …
Aber es ist Tatsache, dass Sprache kein starres Dogma ist, kein starres Gebilde. Sprache lebt. Sprache entwickelt sich, passt sich dem Zeitgeist an. Jugendsprache gab es schon immer. Lehn- und Fremdwörter gibt es im Deutschen mehr als die meisten wissen. Schon lange. Es gibt jede Menge Wörter aus dem Französischen, Arabischen, Hebräisch-Jiddischen, Lateinischen, Griechischen, … und Englischen. Übertreibungen kommen vor. Auch nicht erst heute. Manches setzt sich durch, manches ist nur zeitweilig Mode und verschwindet wieder. Mitunter ist es auch eine Frage des politischen Systems.
Ich bin mir sicher, dass man sich mal aufgeregt hatte, als man die Schreibstube anfing Bureau zu nennen. Mittlerweile ist es ja fester Bestandteil unserer Sprache inklusive heutiger Schreibweise. So wie beim Portemonnaie, was nichts anderes als eine Geldtasche, Geldbörse ist und heute alternativ auch Portmonee geschrieben werden darf. Ich habe gerade mehrere Fremdworte benutzt. Wenn man alte Texte des 18. bis ins 20. Jahrhundert liest, wird man sich putzen, wie viel Latinismen oder französischer Begriffe verwendet werden, die man auch gut und gerne hätte deutsch ausdrücken können. Derlei rief schon damals regelmäßig Sprachpuristen auf den Plan. Es galt stets, die deutsche Sprache vor fremden Einflüssen zu bewahren. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätten wir heute womöglich unsere Gesichtserker (s. Klemperer) mit einem Mund-Nasen-Schutz zu bedecken, und Raucher dürften nur außerhalb von Gaststätten ihren Glimmstängel anzünden. An ein bewegliches bzw. tragbares Fernsprechgerät müsste man sich dann auch gewöhnen. Das wäre zwar kein griffiges Wort, aber es wäre schön rein und deutsch. Der Auftrag wäre erfüllt.