Kriegsjubel

Angesichts der jüngsten Ereignisse in der Ukraine muss ich häufiger an die Ereignisse in der 1940er Jahren zurückdenken.
Im Sommer 1941 schrieb mein Onkel aus dem Paddelurlaub in Brandenburg, quer über eine Ansichtskarte, an seine Eltern: »Hurra, meine Einberufung ist da.« Ein Jahr später, mit 27 Jahren wurde er in Kiew am Dnjepr erschossen. Im Jahre 1944 starb mein Großvater bei einem anglo-amerikanischen Bombenangriff in Magdeburg. Als diensthabender Arzt hatte er sich in den Luftschutzkeller einer Schule geflüchtet.
Meine Großmutter bekam zwei Brief vom Führer Adolf Hitler mit dem Dank dafür, dass ihr Mann und der einzige Sohn für Volk und Vaterland ihr Leben gelassen hatten.
Im Unterschied zu damals dürfte es heute schwer fallen, junge Deutsche zu finden, die mit Hurra in die Ukraine ziehen, um den Russen vernichtend zu schlagen. Der Unterschied besteht für die heutige Generation vor allem darin, dass sie (noch) nicht ihr eigenes Fell zu Markte trägt, sondern andere, vorwiegend junge Männer und dass unbeteiligte Mütter und Kinder auch durch deutsche Waffen zu Tode kommen. Das Jubeln kommt wieder einmal von der deutschen Rüstungsindustrie und deren Handlangern.
Dabei war ich überzeugt und hoffnungsvoll, dass nach dem Scheitern Hitlers im Zweiten Weltkrieg und später nach dem Abzug der russischen Truppen aus Deutschland endgültig Schluss sein würde mit der Russophobie, dem Drang nach Osten und dem unsinnigen Blutvergießen.
Die jetzt erstarkende Friedensbewegung und Anti-Atombombenkampagne hätte ich mir schon während der dutzenden Kriege der Atommacht USA in den letzten Jahrzehnten gewünscht. Damals wurden zivile Opfer, zerstörte Schulen und Krankenhäuser als Kollateralschäden abgetan und nicht einer der Verantwortlichen saß bis heute auf der Anklagebank.