Geht es in der Politik wirklich um den Wählerwillen?

Thüringen zeigt eindeutig, dass unsere „Demokratie“ keine wirkliche Volksmacht ist, obwohl die wörtliche Übersetzung so ja lautet. Wenn die AFD in die Lage versetzt wird, mit solchen Spielchen alle demokratischen (?) Spielregeln zu unterlaufen, muss man sich zu aller erst fragen, warum eine faschistisch angehauchte Partei nicht nur in Thüringen um den Erzfaschisten Höcke zu so viel Abgeordneten im Parlament gekommen ist. Den einzigen Grund dafür sehe ich in der Unzufriedenheit der Bürger mit der machtorientierten Politik der etablierten Parteien, weil diese, an die Macht gekommen, ihre Wahlversprechen wohl als Geschwätz von gestern betrachten. Viele bringen mit ihrer Parteizugehörigkeit lediglich ihrer Unzufriedenheit mit der jetzigen Politik zum Ausdruck. Sie als Nazis abzustempeln, ist für die sogenannten demokratischen Parteien der einfachste Weg, sie auszugrenzen. Mit Demokratie hat das aber nichts zu tun. Dafür um so mehr mit Missachtung und Unterdrückung von anderen politischen Ansichten. Aber es ist ganz sicher einfacher mit der Politik Unzufriedene pauschal als Nazis abzustempeln als zu überlegen, wie man dem Wählerwillen besser nachkommen kann. Daran muss sich etwas ändern, sonst wird in gar nicht all zu ferner Zeit die AFD Wahlen mit absoluter Mehrheit gewinnen. Bleibt die Frage, wie sich dann die „Demokraten“ abgrenzen wollen. Übrigens wird auch heute die Unterdrückung von politisch Andersdenkenden immer noch als Hauptgrund für die sogenannte demokratische Revolution in der DDR ins Feld geführt.
Wenn es um das Wohl des Landes und seiner Bürger geht, kann es nicht länger um Parteienansichten und Fraktionszwänge gehen. Parteien sollten lediglich noch das Recht haben, in den Wahlkreisen Kandidaten vor zu schlagen. Ausschließlich Sachfragen und keine politischen Erwägungen sollten bestimmend für die Arbeit der gewählten Abgeordneten sein. Diese müssen ihre Arbeit auch nur dem Willen ihrer Wähler und ihrem Gewissen gegenüber verantworten. Fraktionen als den Wählerwillen negierende parlamentarische Instrumente sind mehr als überflüssig und müssen endlich abgeschafft werden. Dann können Abgeordnete auch nicht länger parteipolitisch zwingend beeinflusst, keinen Fraktionszwängen unterworfen sein und dazu noch eine Menge Steuergelder gespart werden.
Überholt ist m. E. auch, dass die Partei mit den meisten Wählerstimmen sich entsprechende Koalitionspartner sucht und dann vielleicht den machtbesessenen MP stellt. Thüringen hat ja nun mehr als eindeutig gezeigt, dass man diese demokratische Praxis sehr gut umdrehen und aushebeln kann. Das Rückgängigmachen oder Ablehnen legitim zustande gekommener Wahlergebnisse des Parlaments dann mit Abgrenzungsbeschlüssen zu begründen, ist in aller höchstem Maße billig und kommt einer Brüskierung des Willens des Parlaments gleich. Der Rücktritt des rechtmäßig gewählten MP ist das Eine, das auf längere Zeit ohne handlungsfähige Regierung bleibende Land und seine Bevölkerung das Andere und viel Schlimmere. Es ist an der Zeit, dass hauptamtliche Experten – Regierungen vom fraktionslosen und überparteilichen Parlament eingesetzt und kontrolliert werden. Diese machen ihre Arbeit unbefristet, frei von parteilichen Zwängen, ohne parteipolitisch beeinflusste Kompromisse und unabhängig von Wahlperioden solange, bis das Parlament eine andere Entscheidung trifft. Damit ihre Unabhängigkeit gesichert wird, haben die verantwortlichen Regierungsmitglieder ein-schließlich der maßgeblichen Regierungsbeamten ihre eventuellen Parteizugehörigkeiten ruhen zu lassen. Einzige Grundlage und Maßstab ihrer Arbeit hat das Wohl des Landes und seiner Bürger im Rahmen der vom Parlament beschlossenen gesetzlichen Vorgaben zu sein.