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Rostock wählt

Am 9. Juni 2024 findet die Wahl zum Europaparlament sowie die Wahl der Bürgerschaft für die Hanse- und Universitätsstadt Rostock für die nächsten fünf Jahre statt. Die Kandidaten sind gesetzt, die Wahlplakate an vielen Straßenlaternen entlang der Hauptverkehrsstraßen angebracht. Eigentlich stören sie mich nur, denn ich muss beim Fahren auf den Verkehr achten. Ich kann dabei ohnehin kaum aufnehmen, was sie mir sagen wollen. Also hab ich mir die Botschaften fußläufig angeschaut. Da gibt es Aufschriften wie: »Freie Fahrt statt Dauerstau«, »Wir schützen deinen Kleingarten«, »Keine Schulden«, »Ein Einkommen, mit dem alle auskommen«, »Eine sichere Innenstadt«, »Mehr Parkplätze«, »Damit alle ans Ziel kommen«, »Damit Rostock, Rostock bleibt«, »Für bezahlbare Mieten«, »Mehr Bäume und Grünfläche«, »Teilen statt spalten«, »Für Rostock, für Dich«. Viele dieser Botschaften sagen mir nur wenig und bei denen, die mich interessieren, weiß ich von vornherein, dass die Bewerber, die sich zur Wahl stellen, kaum Einfluss auf die Realisierung oder Durchsetzung derartiger Forderungen oder Wahlslo­gan haben. Es wäre schon sehr naiv, zu glauben, dass derjenige, der damit um Wählerstimmen wirbt, auch nur ansatzweise persönlich etwas bewirken könnte, denn er bewirbt sich für einen Sitz in der Bürgerschaft. Die meisten der Vorgänge werden jedoch in der Stadtverwaltung und in den Fachämtern ausgearbeitet und nicht alle Projekte muss die Bürgerschaft bestätigen. Wenn es aber doch so ist, dann gibt es in der Bürgerschaft ja noch die unterschiedlichsten Parteien, die bei Entscheidungen mitreden und sich verständigen. Viele dieser Themen, derer man sich bei der Wahl bedient, sind einfach außerhalb des Einflusses des Bewerbers und daran sollten die Wähler denken. Nehmen wir die Einkommen. Wie will ein Kandidat darauf Einfluss nehmen? Oder die bezahlbaren Mieten? Hier könnte höchstens über die Anzahl an Sozialwohnungen Einfluss genommen werden. Aber nur die allerwenigsten Bürger bekommen einen WBS, werden jedoch über die Steuerabgaben mit involviert. Von einer sicheren Innenstadt gehe ich als Bürger der Stadt Rostock aus und wie das mit den Kleingärten war und ist, konnten wir bei den Diskussionen zum Kleingartenentwicklungskonzept erfahren. Über die Parkplätze wissen wir, dass es immer weniger werden, toleriert und damit abgesegnet durch die Bürgerschaft. Ähnlich ist es bei den Bäumen und Grünflächen in der Innenstadt, die auch immer weniger werden. Und was die Baustellen und den Stau in Rostock betrifft, haben Sie nicht auch manchmal das Gefühl, dass es jetzt genug Einschränkungen sind? Trotzdem kommen immer wieder neue dazu, bevor wenigstens die vorhandenen beendet werden. Ganz zu schweigen von der Baustellendauer. Werbeplakate wie »Freie Fahrt statt Dauerstau« suggerieren den Wählern, dass der Bewerber hier irgendetwas beeinflussen könnte. Nein, das kann er nicht, denn die Entscheidung dazu wird in der Stadtverwaltung und von den Fachämtern getroffen. Man kann vielleicht in der Bürgerschaft seine Meinung sagen, aber damit hat sich noch nichts verändert, denn dort gibt es 53 Mitglieder, die ihre eigene oder die Meinung ihrer Partei vertreten. Wie das geht, konnten wir bei dem Projekt »Straßenbahntrasse nach Reutershagen« sehen. Das Projekt wurde bestätigt und ein Teil der Kleingärten wird nun »geopfert«. Wir, als Bürger, können aber trotzdem durch die Teilnahme an der Wahl Einfluss auf die Zusammensetzung der Bürgerschaft nehmen. Wie wir wissen, besteht diese aus 53 Mitgliedern. Etwa 39 Mitglieder der »alten« Bürgerschaft bewerben sich wieder auf einen Sitz und die meisten haben aufgrund ihrer Bekanntheit und ihrer Parteizugehörigkeit eine gute Chance auf eine Wiederwahl. Wir sollten also bewerten, ob die jetzige Bürgerschaft ihre Arbeit gut oder eher weniger gut gemacht hat. War sie bürgernah und hat sie das Gefühl vermitteln können, dass sie aktuelle Fragen und Probleme im Sinne der Bürger und mit ihnen lösen kann? Oder war das eher nicht so? Übrigens, vermisst habe ich bei den meisten Wahlplakaten die »Einbeziehung der Bürger«. Ich werde auf jeden Fall zur Wahl gehen. Dabei wird es für mich auch eine Rolle spielen, welche beruflichen Erfahrungen und Ausbildungen aus welchen Bereichen die Kandidaten mitbringen. Immerhin sollen sie ja Entscheidungen zum Wohle der Stadt treffen und mich vertreten.

Anonym., Rostock (Name dem Verlag bekannt), 23.05.2024

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