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Rostock, meine Stadt

Rostock, ich liebe meine Stadt, die weit über 200 Baustellen, die mich jetzt schon im zweiten Jahr begleiten und von denen man denkt, dass sie immer wieder neu aufgerissen werden, die Innenstadt mit immer weniger werdenden Parkplätzen und immer weniger Grün. Was würde ich nur sagen, wenn ich ohne zu meckern und ohne Staus mit dem Auto von A nach B fahren könnte und dort vielleicht auch gleich einen Parkplatz bekäme? Ich würde mir verwundert die Augen reiben und fragen, ob ich nicht doch etwas verpasst hätte. Ich liebe die kaputten Bürgersteige und grob geflickten Straßen am Rande der Innenstadt. Es wäre doch zu langweilig, wenn die Straßen alle schick und die Gehwege glatt und eben wären, zu einfach für die Rolli- und Rollstuhlfahrer. Ich mag die riesigen Betonklötze, die immer mehr die Stadt »verschönern«, den ausgedünnten, überschaubaren Rosengarten und die gestutzten Linden. Es erfüllt mich mit Stolz, zu wissen, dass wir in ein paar Jahren ein prachtvolles Theater haben werden, welches die Wirtschaft ankurbeln wird und eine Brücke über die Warnow, die einzigartig ist. Ich finde es toll, dass wir uns Smile City, Smart City, Fahrradstadt und Wissenschaftsstadt der kurzen Wege nennen, aber was mich so richtig aufregt ist, dass unser ehemaliges »Schifffahrtsmuseum« am Steintor, also mitten in der Innenstadt, seit vielen Monaten so vor sich hin »blättert«. Da bröckelt die Fassade und statt sie zu erneuern und vor weiteren Schäden zu schützen, geht man den einfachsten Weg des Widerstandes und zieht ein Netz entlang des Gehweges, damit die Fußgänger nicht erschlagen werden. Da drängt sich einem schon fast der Gedanke auf: Absicht? Wie ich gelesen habe, wurde das denkmalgeschützte Haus dem Societät Rostock maritim e.V. 2006 zur Nutzung übergeben, solange die Hanse- und Universitätsstadt Rostock noch keine Möglichkeit zur Sanierung sieht. Ich frage also die Verantwortlichen: Wie lange soll das Gebäude noch als Schandfleck dort so bestehen, während andererseits immer neue Millionenprojekte ins Leben gerufen werden, die den Haushalt der Stadt so belasten, dass Finanzierungen zum Erhalt derartiger denkmalgeschützter Gebäude nicht mehr leistbar sind. Vielleicht sollte man Prioritäten setzen und zunächst die Sachen und Gebäude sanieren, die bereits da sind, bevor immer neue Projekte angefangen und nichts wirklich beendet wird, es sei denn, der Verfall der Gebäude ist gewünscht.

Anonym., Rostock (Name dem Verlag bekannt), 06.05.2024

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