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Antwort auf den Leserbrief "Ein Interview mit Folgen" vom 25.12.2021

Zur Bemerkung, die Linke habe nie ein »Godesberger Programm« wie die SPD gehabt, halte ich folgende Ergänzung für erforderlich: Mit dem 1959 angenommenen Grundsatzprogramm wurde die Sozialdemokratie in den staatsmonopolistischen Kapitalismus endgültig integriert und ihm untergeordnet. Der Eintritt in die Kiesinger-Regierung zeigte die Folgen. Die heutige Linke ist eine zwecks gewünschter Regierungsbeteiligung sich immer mehr untertänig aufführende Partei, anstatt eigene Wertvorstellungen von sozialer Gerechtigkeit zum Maßstab einer Zusammenarbeit zu verteidigen. Unwahr ist der Hinweis auf einen angeblich marxistisch-leninistischen Kern dieser Linkspartei. Die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Gütergemeinschaft wurden übrigens bereits weit vor Marx erhoben. Meines Wissens enthält auch die christliche Bibel Sozialkritik. Im 17. Jahrhundert gab es in England die Bewegung der »Diggers« mit utopisch-kommunistischen Zielen, ebenfalls die radikale Gruppe der »Levellers« (Gleichmacher), nicht zu vergessen die protestantische Gruppierung der »Quäker«, bekannt durch ihre rege soziale Hilfstätigkeit und Mitarbeit in der Friedensbewegung. Noch früher, bereits im 12. Jahrhunder, war die religiös-soziale Bewegung der »Waldenser« in Frankreich entstanden, die ein urchristliches Gemeinschaftsleben anstrebte. Kommunistische Lebenszielutopien gab es nicht erst seit dem Philosophen Marx.

Dr. Hans Bomke, Schwerin, 11.01.2022

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