Leserbriefe lesen

Wohnungsbau und Mieten

... ein häufiges Thema in den Rostocker Tageszeitungen.   Und so gab es Ende Mai  mit der Überschrift:   „Werden Mieten nicht erhöhen“  einen Artikel  über  ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung  der größten kommunalen und stadteigenen Wohnungsgesellschaft.  Dabei ging es um Investitionen, zukünftige Projekte, Leerstand und die Gestaltung der Mieten.  Alles war sehr informativ und interessant. Dennoch blieben für mich viele Fragen offen. So will man  in den nächsten 5-6 Jahren bei einem  Bestand von 35.000 WE  etwa 1.500 neue Wohnungen  dazu  bauen (700 WE Werftdreieck,  170 WE  Thierfelder Str., 318 WE  Lichtenhagen) Gefragt,  wie viele  Wohnungen in der Hansestadt eigentlich  fehlen würden,  antwortete der  Chef der WG: „Rein rechnerisch betrachtet, keine.  Hinsichtlich der Wohnungsgrößen existiert vor allem ein Bedarf bei Familien mit mehreren Kindern.  Diese suchen vorrangig Vier- und Fünfraumwohnungen.“ Richtig,  schaut man sich die Statistik zur  Bevölkerungsentwicklung  der letzten Jahre an, verglichen mit dem Wohnungsneubau, könnte es eigentlich keine Wohnungsnot geben. Stand 31.12.2013            Bevölkerung        203.673  Einwohner Per     31.12.2020            Bevölkerung        209.755   Einwohner = rechnerischer Zuwachs  in 7 Jahren :  6.082  Personen Im gleichen Zeitraum wurden  5187 neue  Wohnungen gebaut. (Bestandsbereinigung   nicht berücksichtigt.  Abriss:  45 WE seit  2017) Gut, da sind mit Sicherheit auch Ferien-, Zweit- und  Eigentumswohnungen dabei, von denen  ein Teil  wieder  vermietet wird.  Also, nach Wohnungsnot sieht das nicht unbedingt aus und hätte man in den letzten  Jahren  dem erhöhten Bedarf an großem  Wohnraum  mehr  Beachtung geschenkt, wäre das auch kein Thema.  Trotzdem wundere  ich mich, dass  die kommunale  WG  weitere 1500 WE  bauen will und es gibt  neben ihr noch andere Wohnungsgesellschaften, die zusammen ebenfalls weit über 1200 neue Mietwohnungen errichten werden.  Brauchen wir also  über 2.700 neue Mietwohnungen  in den nächsten 5-6 Jahren hier in Rostock?  Und wie muss man die Aussage deuten; „Im Gegenzug wird man an einigen  Stellen über Rückbau nachdenken, wenn bestimmte Wohnungsgrößen nicht mehr gesucht werden.“ Welche könnten  das  wohl sein,  wenn, wie  im weiteren Gespräch gesagt wurde, dass  die 2 bzw. 3-Raumwohnungen besonders gefragt  sind  und die  4 bzw. 5-Raum Wohnungen von kinderreichen Familien  gesucht werden?  Letztendlich  kämen für einen Rückbau doch  nur die Plattenbauten in Frage, „die billigen, die bezahlbaren“,  die aber trotzdem einen ordentlichen  Standard  haben.  Deutet sich hier vielleicht der Wunsch nach  Bestandserneuerung an?  Doch  die Platte soll  auch weiterhin eine  Zukunft haben -  so wurde es  jedenfalls gesagt. Dennoch  bleibt  die Frage, worauf sich die  beträchtlichen Bauvorhaben und Projekt eigentlich begründen und woran sich die Planungen orientieren. Schließlich baut man ja nicht einfach so.  An der Zuwanderung  von jährlich etwa 300-500 Bürgern kann es jedenfalls nicht liegen.  Vielleicht bereitet man sich auf die Ansiedlung von Unternehmen  vor, oder agiert mit Blick auf die Vergrößerung des Marinestützpunktes.  Nur, wer kann sich die neu gebauten Wohnungen mit einer Miete von 9 – 12 EUR /qm  überhaupt leisten?  Ja, die Ruheständler, die ihr Eigenheim  auf dem Land  verkauft haben und nach Rostock kommen, für die sind  Eigentums- oder  teure Mietwohnungen  kein Problem. Aber, wie ist es mit der breiten Mittelschicht in der Bevölkerung, besonders denen, die mit ihrem Geld gerade so über die Runden kommen?  Und  ja,  bei  jedem  neuen Projekt gibt es auch immer einen Anteil   an sozial geförderten Wohnungen.  (Die Vergabe von WBS  stieg  von  125 in  2019  auf  347 im Jahre 2020)  Nur,  in deren Genuss kommt die große   Mittelschicht nicht. Man darf also gespannt sein, wie sich die anspruchsvollen Bauvorhaben in unserer Stadt weiter entwickeln, sei es auf dem Mietsektor oder bei den „Ostseeperlen“,  Eigentums-und Ferienwohnungen.  Eine Maßnahme zur Senkung der Mieten sind sie jedenfalls nicht.  Da wird seit Jahren wie der Teufel  gebaut. Land wird  verkauft. Grünflächen verschwinden, werden  zubetoniert  und  das Baugewerbe boomt, wie nie zuvor.  Trotzdem hat all dies nicht  zur Senkung der Mieten geführt, wie der Mietspiegel  zeigt und das wird auch nie passieren,  selbst, wenn es immer wieder suggeriert wird. Wirft man  aber einen Blick auf  einen anderen Artikel  so ist da von Bauplänen  für 6.000 Wohneinheiten in den nächsten 5 Jahren die Rede.  In einem anderen Beitrag  wird gar von fehlenden 7000 Wohnungen gesprochen. Es dürften also  weitaus mehr  Bauvorhaben  geplant sein, als die zuvor genannten auf dem Mietsektor und auch für den Eigenheimbau.  Da  könnte man sich schon einmal die Frage stellen, ob nicht  vielleicht der Bau von Eigentumswohnungen, die als Ferien- und Zweitwohnung genutzt werden,  die normalen Relationen übersteigt.  Nur werden die in den Statistiken leider nicht separat ausgewiesen.  

Anonym., Rostock (Name dem Verlag bekannt), 30.06.2021

Hier können Sie Ihre Leserbriefe online aufgeben

Bitte beachten Sie, dass wir uns das Recht vorbehalten, im Falle des Abdruckens in der Zeitung, Textpassagen zu kürzen oder nachträglich zu ändern.