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Ein mahnendes Datum

Der 22.06. – Ein mahnendes Datum. Am 01.09.1939 überfiel Hitlerdeutschland Polen und löste damit den 2. Weltkrieg aus. Am 23./24.08.39 wurde zwischen Deutschland (Außenminister v. Ribbentrop) und der UdSSR (Kommissar für Äußeres Molotow) der Nichtangriffspakt geschlossen, auch als Hitler-Stalin-Pakt bekannt. Dieser verhinderte zunächst eine Allianz zwischen England, Frankreich und der SU, so dass Hitler gegenüber Polen freie Hand hatte. Der Pakt hinderte Hitler jedoch nicht an seinen generellen Kriegszielen: 1. Die Vernichtung des jüdischen Bolschewismus, den er als unmittelbare Bedrohung für das Deutsche Reich sah. Für ihn war der Kampf der angeblich überlegenen „arischen Rasse“ gegen den sowjetischen Untermenschen unausweichlich. 2. Die Eroberung von Lebensraum im Osten. Nachdem Hitler im Westen, vor allem durch die Besetzung Frankreichs, die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen hatte, überfiel er am 22.06. 1941 die Sowjetunion. Dafür bot er 153 Divisionen mit über 3 Mio. Soldaten, 3.600 Panzer, 600.000 Motorfahrzeuge und weitere 600.000 Soldaten aus Ungarn, Rumänien, Finnland, der Slowakei und Italien auf. Von Beginn an war dieser Krieg ein ideologischer Weltanschauungs- und rassenbiologischer Vernichtungskrieg. Im Vordergrund stand der Lebensraum, dessen wirtschaftliche Ausbeutung, die Gewinnung von Zwangsarbeitern und die Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Wie grausam er den Feldzug führen und die Kampfmoral der Roten Armee brechen wollte, zeigte u.a. der Kommissarbefehl vom 06.06.41, der die sofortige Liquidierung gefangener kommunistischer Kommissare anordnete. Der Ausgang des Krieges ist bekannt. Er kostete allein der Sowjetunion 27 bis 28 Mio. Tote. In der DDR war der 8. Mai ein Gedenktag, der in der SU am 9. Mai gefeiert wurde und noch heute in Moskau würdig begangen wird. Politiker des heutigen Deutschlands nehmen jedoch an den Feierlichkeiten nicht mehr teil. Es tauchen ja 76 Jahre nach Kriegsende schon Gedanken auf, den westlichen Alliierten, vor allem den USA, den Sieg über den Hitlerfaschismus zuzuschreiben. Über den Marshallplan konnten die auf ihrem Territorium unbehelligten Amerikaner bei den Westdeutschen mächtig punkten, was der total zerstörten Sowjetunion den Ostdeutschen gegenüber nicht möglich war. Deutschland hat sich mit seiner Unterwürfigkeit gegenüber den USA jeglicher politischer Souveränität beraubt. Heute redet der Westen sich raus, gegenüber Gorbatschow und der SU hätte man eine Osterweiterung der NATO verneint. Und gegenüber Putin und Russland wären diese Zusagen nicht erfolgt. Ein Putin, der die politischen Interessen seines Landes vertritt, der sehr sicherheitsorientiert ist (Rückholung der Krim) und seinen Landsleuten wieder eine Identität geben möchte, der passt dem Westen nicht, und so wird er generell als Übel und Böses dämonisiert. Und insofern erscheint es aus der Sicht der deutschen und westlichen Politiker als verständlich und völlig normal, sich an den alljährlichen Feierlichkeiten nicht zu beteiligen. Es wäre ja auch eine Heuchelei, seine Freude über den Sieg auszudrücken und die noch lebenden Kriegsveteranen zu ehren, wenn man selbst gemeinsam mit der NATO schon wieder an Russlands Grenzen steht. Für Deutschland ist das eine historische Schande!

Wolfgang Mengel, Stralsund, 15.06.2021

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