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< Zurück zur ÜbersichtGedanken zum 8. Mai
Am 8. Mai 1945, als endlich die Waffen schwiegen, hatte ich – inzwischen 13-jährig – den Krieg in seiner gesamten Länge und zuletzt die furchtbare Zerstörung meiner Heimatstadt Dresden am 13. Februar 1945 durch angloamerikanische Bomber recht intensiv erleben müssen. Das faschistische deutsche Regime hatte auch uns Kinder ganz erheblich durch »Jungvolk« und öffentliche Aufgaben in das Kriegsgeschehen involviert. Da mein Vater als 18-jähriger Soldat im Ersten Weltkrieg schwer verwundet wurde, war mir auch dieser Krieg wie der Zweite – jeweils von Deutschland verursacht – durchaus gegenwärtig. Beide Kriege verursachten unbeschreibliches Leid und schwerste materielle Schäden – auch in Deutschland. Im Zweiten Weltkrieg starben mindestens 62 Millionen Menschen, 23 Millionen allein in der Sowjetunion und viele Schäden sind nie mehr zu beseitigen. An diese gewaltige Schuld Deutschlands, das im 20. Jahrhundert Europa innerhalb von nur drei Jahrzehnten zweimal ins Verderben stürzte, scheint sich heute niemand und auch nicht die politisch Verantwortlichen zu erinnern. Wir müssen »kriegstüchtig« sein, wird verkündet und mit Stolz wird festgestellt, dass Deutschland das beste Aufrüstungsprogramm in Europa vorweisen kann und das auch weltweit mit den besten vergleichbar ist. Im Zusammenhang mit diesem besonderen Jahrestag blätterte ich auch in einschlägigen Schriften und da fiel mir ein wichtiges Ereignis im Krieg Deutsch-lands mit Frankreich auf. Am 14. Juni 1940 kapitulierte Paris und überließ die Millionenstadt kampflos den deutschen Truppen. Kein Schuss fiel, kein Franzose wurde verletzt oder getötet, kein deutscher Soldat kam ums Leben, die Häuser blieben unbeschädigt und die historischen Bauten wurden der Nachwelt erhalten. War das zum Schaden für die Bevölkerung von Paris? Ich weiß natürlich nicht, wie ihr Leben unter deutscher Besetzung verlief, aber viel wird sich in dieser Millionenstadt in den einzelnen Familien nicht verändert haben. Warum ist mir nur dieses Ereignis von den vielen im Zweiten Weltkrieg besonders aufgefallen ...
Dr. Klaus Freygang, Rostock, 06.05.2025