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Ukrainekrieg, Systemanpassung und Perspektiven

Bereits nach 1945 gab es eine Zeitenwende: Mit Horkheimer, Habermas und Adorno folgte der Philosophie "Ein Reich, ein Volk, ein Führer" die Frankfurter Schule mit der kritischen Theorie, die den Anspruch erhebt, alle Zusammenhänge in einem Diskurs zu behandeln und zu lösen. Bekannt ist insbesondere das Buch von Marcuse "Der eindimensionale Mensch", das eine Kritik des Rendite orientierten Kapitalismus enthält. Ein russischer Wissenschaftler und jetzt Dissident hat in einem längeren Beitrag zur Lösung des Ukrainekrieges auf eine andere Perspektive verwiesen: Er bemängelt die fehlende Unterstützung von Gorbatschow und Jelzin im Zusammenhang mit der Beendigung des Kalten Krieges. Der Westen hätte aus seiner Sicht mehr Vorgaben und Unterstützung leisten müssen. Er weist auch darauf hin, dass als Folge der Flucht vieler Kritiker von Putin Russland totalitär sei. Pluralismus ist aber eine Bedingung zur Lösung der Zukunftsfragen - auch in der Klimawende. Gorbatschow hat mit Perestroika und Glasnost richtige Ansätze eingeleitet - wegen des Fehlens eines Diskurses aber dann die Sowjetunion aufgelöst und den Unionsstaaten das Selbstbestimmungsrecht gegeben. Der Dissident warnt davor, dass mit einem wie auch immer gearteten Frieden mit dem System Putin der Krieg - dem Allmachtsanspruch Putin folgend - anderswo weiter geht. Auch weil die zweite oder dritte Reihe, die folgen würde, genau so denkt wie Putin. Was bleibt ist jetzt die Hoffnung auf Einsicht in einen Neuanfang. Dazu ist es auch erforderlich, Visa-Anträge von Russen/-innen weiter zu gewähren - sonst kann/könnte niemand folgen, der einen neuen Diskurs ermöglicht! So gesehen gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt!

Herbert Häußer, Crivitz, OT Wessin, 29.08.2022

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