Leserbriefe lesen

Rostocker Stadtentwicklung

Etwas über einen Monat ist es her, dass unser ehemaliger OB so sang- und klanglos abgetreten ist, um in einem anderen Bundesland neue Aufgaben zu übernehmen. Zuvor hatte er aber noch dafür gesorgt, dass die BUGA offiziell abgesagt wurde, weil ein Großteil der geplanten Projekte in Zeitverzug geraten war und sie deshalb bis zur Eröffnung im Frühjahr 2025 nicht fertiggestellt werden können. Obwohl dieses Problem schon ziemlich früh zu erkennen war, wurde bis zum Schluss um die Durchführung oder Verschiebung der BUGA gerungen, auch als sich offenbarte, dass mit immensen Kostensteigerungen bei den Großprojekten zu rechnen ist. Wer aber nun meint, dass sich mit der Absage der BUGA auch die vorgesehenen Großprojekte, wie zum Beispiel die noch immer sehr umstrittene Fahrrad- und Fußgängerbrücke über die Warnow, erledigt hätten, der irrt. Warnowbrücke, Markthalle 625, Archäologisches Landesmuseum und Theater stehen noch immer auf dem Plan zur Stadtentwicklung und in der Prioritätenliste ganz oben, obwohl jedes der Projekte auch für sich (mit Ausnahme der Markthalle) die Kassen der Stadt aufs Höchste belasten wird. Bereits jetzt ist bekannt, dass die geplanten Kosten für das neue Theater von 110 auf 184 Millionen Euro (davon 51 Millionen aus Schwerin) gestiegen sind und das wird noch nicht der letzte Stand sein. Und wer denkt, dass das Museum bei den geplanten 55 Millionen Euro Kosten verbleiben wird, wovon Schwerin dann 40 Millionen übernimmt, der dürfte wohl mehr als blauäugig sein. Zwar gibt es noch keine veröffentlichten Informationen zur Kostenentwicklung für Museum und Brücke, aber man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass auch beim Brückenbau mit einem gewaltigen Kostensprung zu rechnen ist. Was wir weiterhin wissen ist, dass dringend für Hochwasserschutz im Stadthafen gesorgt werden muss. Und ich denke weiter an den neuen Rathausanbau, der geplant 40 Millionen kosten soll und der ja ebenfalls schon vorbereitet wird. Ach ja, unsere Vorpommernbrücke ist ja auch marode und muss irgendwie saniert oder gestützt werden. Das alles sind Millionenprojekte, bei denen man sich fragen muss, ob wir das tatsächlich alles stemmen können. Ich finde, dass alle diese geplanten Großprojekte, die nach dem BUGA-Aus weiter bestehen und realisiert werden sollen, nochmals auf den Prüfstand kommen sollten, um die Kostenentwicklung zu aktualisieren und auch, um zu sehen, ob wir diese Projekte auch tatsächlich brauchen oder uns leisten wollen. Dabei denke ich konkret an die Warnowbrücke. Immer wieder höre ich dazu Kommentare, dass eine solche Brücke überhaupt nicht notwendig ist und eigentlich nur ein Prestigebauwerk sei, denn es existiert auf der Gehlsdorfer Seite auch jetzt schon ein gut nutzbarer Fahrradweg am Ufer der Warnow entlang, bis zum Hotel Warnow, durch das Gewerbegebiet im Osthafen, auf dem ein Radfahrer in gut 20 Minuten in der Stadt sein kann. Hier sollte man schon Aufwand und Nutzen gegenüber stellen. Es ist zwar schön, eine Brücke über die Warnow zu haben, aber nur, wenn man sich diesen Luxus auch leisten kann. Ich bin der Meinung, wir sollten das Geld für dieses Projekt lieber in die Erneuerung von Bürgersteigen und Straßen stecken und da denke ich auch ganz speziell an die Gehwege in der Blücherstraße, der Herweghstraße, aber auch der Hermannstraße. Es reicht nicht, nur die Wege und Straßen im Stadtkern und um den Markt schick zu machen. Vielleicht sollte man sowieso mit den finanziellen Mitteln erst einmal all das in Ordnung bringen, was bereits vorhanden ist, bevor immer neue Visionen und Projekte ins Spiel gebracht werden. Trotz klammer Kassen wollen wir uns riesige Vorhaben leisten, die eigentlich im Zuge der BUGA realisiert werden sollten. Wenn wir das können, dann frage ich mich, wozu eigentlich die BUGA notwendig war? Für den Theaterneubau und die anderen Großprojekte ist unser Finanzsenator, wie ich gelesen habe, sogar bereit, wieder städtisches Land zu verkaufen. Da wird sich also einiges ändern, denn bisher galt der Beschluss, dass kommunale Flächen nur noch über Erbbaurecht zu vergeben sind. Ich hatte bisher immer den Eindruck, dass unsere jetzige Bürgerschaft sehr verantwortungsbewusst mit dem noch verbliebenen kommunalen Land umgegangen ist, auch wenn das mit dem Erbbaurecht immer wieder kritisiert wurde. Ich hoffe, dass dies so bleibt und wünsche mir, dass nicht nach dem Motto entschieden wird: Wir brauchen Geld, na dann verkaufen wir halt ein bisschen Land, dann sind schnell einmal wieder 30 Millionen in der Kasse.

Anonym., Rostock (Name dem Verlag bekannt), 22.08.2022

Hier können Sie Ihre Leserbriefe online aufgeben

Bitte beachten Sie, dass wir uns das Recht vorbehalten, im Falle des Abdruckens in der Zeitung, Textpassagen zu kürzen oder nachträglich zu ändern.